Oberlandesgericht Bamberg Beschluss18.01.2011
Herabgeschleuderte Eisbrocken von Lkw verursachen Schäden an PersonenkraftwagenFahrer trägt Verantwortung für Vorschriftsmäßigkeit des von ihm geführten Fahrzeugs
Herabstürzende Eisbrocken von einem Lkw stellen eine erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit dar. Im Falle eines Schadens kann der Führer des Fahrzeugs wegen Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltens- und Sorgfaltspflichten zu einer Geldbuße verurteilt werden. Dies bestätigte das Oberlandesgericht Bamberg.
Im vorliegenden Fall wurde ein Lkw-Fahrer zu einer Geldbuße von 80 Euro verurteilt, nachdem von seinem Fahrzeug herabstürzende Eisbrocken Schäden an einem Pkw verursacht hatten. Der Lkw fuhr auf der Autobahn und verlor mehrere bis zu 20 cm große Eisbrocken, die dem Dach und der Motorhaube eines auf der benachbarten Spur fahrenden Pkw teilweise handflächengroße Dellen zufügten.
Geldbuße wegen Führens eines "nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugs"
Das Amtsgericht Neu-Ulm verurteilte den Fahrer des Lkw wegen "fahrlässigen Führens eines nicht vorschriftsmäßigen Fahrzeugs, wodurch die Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt war" zu einer Geldbuße. In der Begründung des Gerichts hieß es, der Fahrzeugführer müsse dafür sorgen, dass das Fahrzeug, der Zug oder das Gespann "vorschriftsmäßig" sind. Der Begriff der Vorschriftsmäßigkeit im Sinne der Norm des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO sei in der Rechtsprechung hinreichend geklärt. Der Mann legte Rechtsbeschwerde vor dem Oberlandesgericht Bamberg gegen das Urteil ein.
Erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch Eisbildung
Das Oberlandesgericht (OLG) verwarf die Rechtsbeschwerde. Zu den von dieser Norm erfassten allgemeinen Verhaltens- und Sorgfaltspflichten des Fahrzeugführers, der mit der Bewegung des Fahrzeugs eine Gefahrenquelle für Rechtsgüter Dritter setze, gehöre, dass von dem Fahrzeug auch bei Einhaltung sämtlicher Betriebs-, Bau- und Ausrüstungsvorschriften keine Gefahr durch sonstige fahrzeugbezogene Umstände ausgehe, führte das OLG aus. Eine erhebliche Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch sonstige fahrzeugbezogene Umstände liege vor, wenn der Eintritt einer konkreten Gefahr für andere wahrscheinlicher wird. Dies sei unter anderem der Fall, wenn sich auf dem Dach oder der Plane des Lkw-Anhängers größere Eisplatten oder Eisstücke bilden konnten.
Verteidigung: "absurde Normauslegung" des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO
Den Vorwurf der "absurden Normauslegung" durch die Verteidigung des Lkw-Fahrers wies das Oberlandesgericht zurück. In Grenzfällen könne zwar durchaus zweifelhaft sein, ob ein Verhalten schon unter den gesetzlichen Tatbestand falle. Der erkennbare und verstehbare Wortlaut des gesetzlichen Tatbestandes, also die Sicht des Bürgers, sei dabei allerdings maßgebend. Für den Bürger müsse wenigstens das Risiko einer Bestrafung bzw. einer ordnungswidrigkeitenrechtlichen Ahndung voraussehbar sein. Gemessen an diesem Maßstab könne nicht die Rede von einer falschen Auslegung der Norm des § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO sein. Das Oberlandesgericht bestätigte damit das Urteil aus erster Instanz.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.01.2013
Quelle: ra-online, OLG Bamberg (vt/st)