18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.
ergänzende Informationen

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil29.01.2019

Kein Abschie­bungs­schutz für erwachsene, alleinstehende und gesunde Afghanen schiitischer Religions­zu­gehörig­keit mit vorherigem langjährigem Aufenthalt im IranErwirtschaftung eins Existenz­mi­nimums in Großstädten auch ohne Berufs­aus­bildung, ohne Vermögen und ohne familiäres Netzwerk möglich

Das Nieder­säch­sische Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass einem erwachsenen, alleinstehenden, gesunden Afghanen hazarischer Volks- und schiitischer Religions­zu­gehörig­keit, der Afghanistan im Kindesalter verlassen hat und im Iran aufgewachsen ist, kein Abschie­bungs­schutz zusteht.

Die erstin­sta­nzliche Rechtsprechung der Verwal­tungs­ge­richte zu dieser Frage ist nicht einheitlich. Das Verwal­tungs­gericht Osnabrück hatte mit Urteil vom 15. März 2018 (Az. 1 A 752/17) für den Kläger ein Verbot der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt. Auf den Antrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht die Berufung zugelassen, um die grundsätzlich bedeutsame Frage zu klären, ob ein junger, alleinstehender Mann hazarischer Volks­zu­ge­hö­rigkeit, der Afghanistan im Kindesalter verlassen hatte und im Iran aufgewachsen ist, ohne gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen, ohne Berufs­aus­bildung sowie ohne Vermögen und familiäres Netzwerk in der Lage ist, in Großstädten wie Kabul oder Herat ein Existenzminimum zu erwirtschaften.

Gericht verneint drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der EMRK bei Rückkehr

Mit dem Urteil im Berufungs­ver­fahren hob das Oberver­wal­tungs­gericht nach persönlicher Anhörung des Klägers das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts auf und wies die nur noch auf die Feststellung von Abschie­bungs­verboten gerichtete Klage ab. Das Gericht gelangte unter Berück­sich­tigung der aktuellen Erkenntnisse zur Lage in Afghanistan zu der Überzeugung, dass die Sicherheitslage und die humanitären Verhältnisse in Afghanistan anhaltend prekär und schwierig sind. Allerdings konnte das Gericht bei Bewertung aller derzeit bekannten Umstände trotz der widrigen Lebens­be­din­gungen in Afghanistan nicht feststellen, dass ein alleinstehender und gesunder junger Mann wie der Kläger auch ohne Berufs­aus­bildung, ohne Vermögen und ohne familiäres Netzwerk nicht in der Lage wäre, in Großstädten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Die verfügbaren Erkenntnisse ließen nicht den Schluss zu, dass jeder aus Europa abgeschobene Afghane in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ohne Hinzutreten besonderer Umstände so gefährdet wäre, dass ihm bei seiner Rückkehr eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention (EMRK) drohen würde. Diese Einschätzung entspricht der aktuellen Rechtsprechung anderer Obergerichte, u. a. einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg vom 12. Oktober 2018.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil27635

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI