21.11.2024
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil29.01.2019

Kein Abschie­bungs­schutz für erwachsene, alleinstehende und gesunde Afghanen schiitischer Religions­zu­gehörig­keit mit vorherigem langjährigem Aufenthalt im IranErwirtschaftung eins Existenz­mi­nimums in Großstädten auch ohne Berufs­aus­bildung, ohne Vermögen und ohne familiäres Netzwerk möglich

Das Nieder­säch­sische Ober­verwaltungs­gericht hat entschieden, dass einem erwachsenen, alleinstehenden, gesunden Afghanen hazarischer Volks- und schiitischer Religions­zu­gehörig­keit, der Afghanistan im Kindesalter verlassen hat und im Iran aufgewachsen ist, kein Abschie­bungs­schutz zusteht.

Die erstin­sta­nzliche Rechtsprechung der Verwal­tungs­ge­richte zu dieser Frage ist nicht einheitlich. Das Verwal­tungs­gericht Osnabrück hatte mit Urteil vom 15. März 2018 (Az. 1 A 752/17) für den Kläger ein Verbot der Abschiebung nach Afghanistan festgestellt. Auf den Antrag des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hatte das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht die Berufung zugelassen, um die grundsätzlich bedeutsame Frage zu klären, ob ein junger, alleinstehender Mann hazarischer Volks­zu­ge­hö­rigkeit, der Afghanistan im Kindesalter verlassen hatte und im Iran aufgewachsen ist, ohne gesundheitliche Beein­träch­ti­gungen, ohne Berufs­aus­bildung sowie ohne Vermögen und familiäres Netzwerk in der Lage ist, in Großstädten wie Kabul oder Herat ein Existenzminimum zu erwirtschaften.

Gericht verneint drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der EMRK bei Rückkehr

Mit dem Urteil im Berufungs­ver­fahren hob das Oberver­wal­tungs­gericht nach persönlicher Anhörung des Klägers das Urteil des Verwal­tungs­ge­richts auf und wies die nur noch auf die Feststellung von Abschie­bungs­verboten gerichtete Klage ab. Das Gericht gelangte unter Berück­sich­tigung der aktuellen Erkenntnisse zur Lage in Afghanistan zu der Überzeugung, dass die Sicherheitslage und die humanitären Verhältnisse in Afghanistan anhaltend prekär und schwierig sind. Allerdings konnte das Gericht bei Bewertung aller derzeit bekannten Umstände trotz der widrigen Lebens­be­din­gungen in Afghanistan nicht feststellen, dass ein alleinstehender und gesunder junger Mann wie der Kläger auch ohne Berufs­aus­bildung, ohne Vermögen und ohne familiäres Netzwerk nicht in der Lage wäre, in Großstädten wie Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ein Existenzminimum zu erwirtschaften. Die verfügbaren Erkenntnisse ließen nicht den Schluss zu, dass jeder aus Europa abgeschobene Afghane in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif ohne Hinzutreten besonderer Umstände so gefährdet wäre, dass ihm bei seiner Rückkehr eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention (EMRK) drohen würde. Diese Einschätzung entspricht der aktuellen Rechtsprechung anderer Obergerichte, u. a. einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg vom 12. Oktober 2018.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online (pm/kg)

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