Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil28.04.2025
Entfernung eines Beamten im Justizvollzugsdienst aus dem Beamtenverhältnis wegen unerlaubten Waffenbesitz und Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs eines GefangenenDer Beamte hat zwei gravierende Vorsatzstraftaten begangen
Der 3. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat in einem von einer Justizvollzugsanstalt gegen einen niedersächsischen Beamten im Justizvollzugsdienst geführten Berufungsverfahren die mit der erstinstanzlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover ausgesprochene Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung verschärft und den Beamten aus dem Beamtenverhältnis entfernt.
Der Beamte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Helmstedt vom 26. Juni 2020 wegen des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Daneben wurde er durch Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 23. November 2020 wegen der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen zu einer Geldstrafe verurteilt, weil er Bildaufnahmen von einem Gefangenen der Justizvollzugsanstalt in - drogenbedingter - hilfloser Lage unbefugt hergestellt und diese Aufnahmen seiner Ehefrau per WhatsApp übersandt hatte.
Verwaltungsgericht Hannover stuft den Beamten "nur" zurück
Das Verwaltungsgericht Hannover hat den Beamten - einen heute 42-jährigen Obersekretär im Justizvollzugsdienst (Besoldungsgruppe A 7) - zurückgestuft. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen damit begründet, dass das Dienstvergehen des Beamten zwar schwer wiege. Jedoch sei in die Abwägung einzustellen, dass er disziplinarisch unbescholten und bislang nicht negativ in Erscheinung getreten sei und seien seine „relativ guten, jedenfalls nicht unterdurchschnittlich schlechten Beurteilungen“ mit in den Blick zu nehmen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass er in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt habe, dass er sich die Waffe aufgrund einer Bedrohungssituation beschafft habe. Ihm sei es nach seiner Darstellung nämlich darum gegangen, bei einem befürchteten, durch den ehemaligen Lebensgefährten seiner Ehefrau veranlassten Überfall gegebenenfalls eine abschreckende Wirkung zu erzielen und darum, mögliche Angreifer so lange zurückzuhalten, bis die Polizei eingetroffen wäre. Die unrechtmäßige Anfertigung und Weiterleitung von Bildaufnahmen eines Gefangenen stelle zwar ebenfalls eine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung dar, jedoch sei zu berücksichtigen, dass der Beamte die Aufnahmen „nur“ an seine Ehefrau übersandt und sie diese auch nicht an andere Personen weitergeleitet habe, zumal der Gefangene eine OP-Maske getragen habe und deshalb nicht ohne Weiteres zu erkennen gewesen sei.
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OVG: der Beamte hat zwei gravierende Vorsatzstraftaten begangen
Der 3. Senat hat die erstinstanzliche Entscheidung mit seinem Urteil im Berufungsverfahren verschärft. Denn der Beamte habe schuldhaft zwei gravierende Vorsatzstraftaten begangen, die bereits jeweils für sich genommen die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigen würden. Den sein Verhalten relativierenden Bewertungen des Verwaltungsgerichts zu der Bedrohungssituation und der Erkennbarkeit des Gefangenen könne so nicht gefolgt werden. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Strafgerichte, an denen die Disziplinargerichte grundsätzlich gebunden seien, habe sich die Bedrohungssituation nach einiger Zeit beruhigt und der Beamte vorgehabt, die Waffe zu entsorgen, letztlich aber nicht gewusst, wie. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme der Waffe habe die Bedrohungslage nicht mehr bestanden. Hinsichtlich der Bildaufnahmen habe der Beamte diese Aufnahmen, die die Hilflosigkeit des Gefangenen zur Schau stellten und dadurch seinen höchstpersönlichen Lebensbereich verletzten, nicht nur unbefugt hergestellt, sondern zudem einer anderen Person zugänglich gemacht, was erschwerend zu berücksichtigen sei. Dass der Beamte die Aufnahmen lediglich seiner Ehefrau übersandt habe und das Gesicht des Gefangenen teilweise verdeckt gewesen sei, rechtfertige nicht eine mildere Einordnung des Verhaltens. Da der Beamte damit zwei gravierende Vorsatzstraftaten begangen habe, die zudem einen Bezug zum Statusamt des Beamten aufwiesen, sei das Dienstvergehen als besonders schwerwiegend zu bewerten. Die Gesamtwürdigung aller Umstände habe für den Senat letztlich ergeben, dass sich der Beamte in so hohem Maße als unzuverlässig erwiesen habe, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in ihn endgültig verloren sei, weshalb er aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sei.
Die Entscheidung ist mit ihrer Verkündung rechtskräftig geworden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.05.2025
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)