18.10.2024
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil20.08.2013

Pflan­zen­schutz­mittel dürfen Nahrungsquellen von Bienen nicht vergiftenLandwirt­schafts­kammer Niedersachsen darf Beihilfe um 5 % kürzen und überzahlten Betrag vom Kartoffelbauer zurückfordern

Bienen­ge­fährliche Pflan­zen­schutz­mittel u.a. auf Kartoffeln dürfen bereits dann nicht mehr angewandt werden, wenn damit zu rechnen ist, dass Bienen innerhalb des Wirkungs­zeitraums des Mittels zwecks Nahrungssuche die behandelten Pflanzen anfliegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­ge­richts.

Dem vorzuliegenden Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hat im Landkreis Celle einen landwirt­schaft­lichen Betrieb und baut Kartoffeln an. Für das Jahr 2006 erhielt er eine produk­ti­o­ns­be­zogene Beihilfe für den Anbau von Stärke­kar­toffeln sowie eine allgemeine Betriebsprämie. Beide Beihilfen sind daran gebunden, dass der Landwirt allgemeine Anforderungen beachtet. Hierzu zählt auch die sachgerechte Anwendung von Pflan­zen­schutz­mitteln. Diese Anforderungen ergeben sich u. a. aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Bienenschutzverordnung. Vorliegend streiten sich die Beteiligten darüber, ob der Kläger im Juli 2006 gegen diese Norm verstoßen hat. Die Beklagte, die Landwirt­schafts­kammer Niedersachsen, sieht einen solchen Verstoß darin begründet, dass der Kläger Ende Juli 2006 seine Kartof­fel­pflanzen mit einem bienen­ge­fähr­lichen Pflanzenschutzmittel behandelt hat. Dies habe er unterlassen müssen. Denn seine Kartof­fel­pflanzen seien damals stark mit Blattläusen befallen gewesen, so dass sich Honigtau gebildet und Bienen angelockt habe. Tatsächlich hätten deshalb Bienen die Felder des Klägers beflogen und seien massenhaft verendet.

Kläger bestreitet Verstoß gegen Bienen­schutz­ver­ordnung

Wegen des von ihr bejahten, als fahrlässig eingestuften Verstoßes hat die Beklagte die dem Kläger gewährten Beihilfen jeweils um 5 % gekürzt und den überzahlten Betrag zurückgefordert. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Begründung, nicht gegen die Bienen­schutz­ver­ordnung verstoßen zu haben. Danach sei es nur verboten, bienen­ge­fährliche Pflan­zen­schutz­mittel anzuwenden, wenn die Pflanzen im Anwen­dungs­zeitpunkt tatsächlich von Bienen angeflogen würden. Dies sei vorliegend jedoch Ende Juli 2006 nicht der Fall, zumindest für ihn trotz Kontrollen nicht zu erkennen gewesen. Das Verwal­tungs­gericht ist diesem Verständnis der Bienen­schutz­ver­ordnung gefolgt und hat den Klagen in beiden Verfahren stattgegeben. Die Beklagte hat jeweils Berufung eingelegt.

OVG: Kläger hätte eine Ausnah­me­ge­neh­migung beantragen müssen

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat sich nunmehr der Ansicht der Beklagten angeschlossen, die Urteile des Verwal­tungs­ge­richts geändert und die Klagen gegen die Kürzung abgewiesen. Das von der Beklagten vertretene Begriffs­ver­ständnis ist danach vom Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der Bienen­schutz­ver­ordnung gedeckt und entspricht allein dem Sinn und Zweck der Norm. Zudem ist die Verordnung gerade deshalb erweitert worden, um auch Pflanzen mit Honigtaubildung als Nahrungsquelle für Bienen besonders zu schützen. Andernfalls wäre der gewollte Bienenschutz unvollkommen. Dem Landwirt bleibt die Möglichkeit, seine Pflanzen frühzeitig, also vor einer Honigtaubildung, zu behandeln oder danach mit einem weniger bienen­ge­fähr­lichen Mittel; notfalls muss er eine Ausnah­me­ge­neh­migung beantragen und rechtzeitig vor der Behandlung alle Imker im Umkreis benachrichtigen.

Kartoffelbauer wurden mehrfach auf das Verbot hingewiesen

Da nach den Feststellungen des Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­ge­richts die Kartof­fel­pflanzen des Klägers Ende Juli 2006 tatsächlich stark mit Blattläusen befallen waren und sich Honigtau gebildet hatte, kamen seine Pflanzen als Nahrungsquelle für die im näheren Umkreis von bis zu zwei Kilometern befindlichen Bienen mehrerer Imker in Betracht. Der Kläger hätte deshalb nicht mehr mit dem bienen­ge­fähr­lichen Mittel Tamaron spritzen dürfen. Er hat insoweit auch fahrlässig gehandelt. Denn auf ein solches Verbot waren die Kartof­fe­l­anbauer in Niedersachsen im Juli 2006 mehrfach hingewiesen worden. Daher war die auch nachträgliche Kürzung der Prämien um 5 % nicht zu beanstanden. Ob Bienen tatsächlich infolge des Einsatzes von Tamaron durch den Kläger verendet sind, musste der Senat nicht klären.

Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht/ra-online

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