21.11.2024
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Dokument-Nr. 31464

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Urteil17.02.2022Landessozialgericht HessenL 9 U 173/18, L 9 U 174/18 und L 9 U 175/18
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Landessozialgericht Hessen Urteil17.02.2022

Sozialwahlen 2017 in Sozia­l­ver­si­cherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau ungültigWillkürlicher Ausschluss einer quantitativ nicht unbedeutenden Gruppe verstößt gegen verfassungs­rechtlichen Gleichheits­grundsatz

Die in der Gruppe der Selbstständigen ohne fremde Arbeitskräfte sowie in der Gruppe der Arbeitgeber im Jahr 2017 durchgeführten Wahlen zur Vertreter­versammlung der SVLFG wurden lediglich in der Unfall­ver­si­cherung durchgeführt. Dadurch wurden insbesondere Personen, die eine Altersrente der Alters­ver­si­cherung der Landwirte beziehen und nicht bei der SVLFG unfall­ver­sichert sind, von den Wahlen ausgeschlossen. Die Wahlen sind daher ungültig und müssen wiederholt werden. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Hessen in drei Verfahren entschieden.

Im Jahr 2017 wurden die Wahlen zur Vertre­ter­ver­sammlung der SVLFG durchgeführt. Im Juli 2017 erhoben mehrere Selbstständige ohne fremde Arbeitskräfte, die bei der Wahl kandidierten sowie Jagdverbände und ein Arbeitgeber, die Vorschlags­listen eingereicht hatten, Wahlan­fech­tungs­klagen beim Sozialgericht. Sie vertraten die Auffassung, dass nicht nur die Bezieher einer gesetzlichen Unfallrente in der landwirt­schaft­lichen Berufs­ge­nos­sen­schaft wahlberechtigt seien, sondern auch die Bezieher von anderen Renten der SVLFG wie z.B. der Regel­al­tersrente. Dies habe die SVLFG verkannt und daher den Begriff der Rentenbezieher falsch ausgelegt. Mit der Geset­ze­s­än­derung zum 1. Januar 2013 sei ein einheitlicher Träger der Sozia­l­ver­si­cherung in der Landwirtschaft errichtet worden. Seitdem seien die Versicherten in allen Zweigen wahlberechtigt. Die SVLFG führte dagegen an, dass mit der Geset­ze­s­än­derung das Sozial­wahl­ver­fahren nicht habe verändert werden sollen. Das Sozialgericht hat die Klagen abgewiesen. Die Kläger haben Berufung eingelegt.

LSG erklärt die Wahlen für ungültig

Das Landes­so­zi­al­gericht hat nunmehr die erstin­sta­nz­lichen Urteile aufgehoben und die Wahlen für ungültig erklärt. Die auf die Unfall­ver­si­cherung beschränkte Durchführung der Wahlen habe gegen das aktive und passive Wahlrecht verstoßen. Hierdurch sei ein erheblicher Teil von Wahlbe­rech­tigten vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen worden. Bis zum 31. Dezember 2012 sei die Beschränkung der Sozia­l­ver­si­che­rungswahl in der landwirt­schaft­lichen Sozia­l­ver­si­cherung auf die gesetzliche Unfall­ver­si­cherung rechtmäßig gewesen. Mit der gesetzlichen Neuordnung der Organisation der landwirt­schaft­lichen Sozia­l­ver­si­cherung sei die SVLFG geschaffen worden. Diese sei seitdem zuständig für die Durchführung der landwirt­schaft­lichen Unfall­ver­si­cherung, der Alterssicherung der Landwirte sowie der landwirt­schaft­lichen Kranken- und Pflege­ver­si­cherung.

Alters­ren­ten­be­zieher zu Unrecht von Wahl ausgeschlossen

Unter den Begriff Rentenbezieher fielen seitdem nicht ausschließlich die Rentner aus der Unfall­ver­si­cherung. Der verfas­sungs­rechtliche Gleichheitsgrundsatz, der auch für Sozia­l­ver­si­che­rungs­wahlen gelte, verbiete jedoch einen willkürlichen Ausschluss einer quantitativ nicht unbedeutenden Gruppe von den Wahlen. Der Wahlfehler sei auch mandatsrelevant. Durch ihn werde eine erhebliche Zahl von Altersrentnern vom Wahlrecht ausgeschlossen. Es sei möglich, dass die Sitzverteilung ohne diesen Fehler anders ausgefallen wäre bzw. eine abgelehnte Vorschlagsliste hätte zugelassen werden müssen.

Quelle: Landessozialgericht Hessen, ra-online (pm/ab)

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