21.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil12.12.2017

Keine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe und Umzug zum LebensgefährtenArbeitsaufgabe für Umzug zum Partner darf nicht als versicherungs­widriges Verhalten sanktioniert werden

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass die Aufgabe des Arbeitsplatzes zur erstmaligen Begründung einer nichtehelichen Lebens­ge­mein­schaft an einem neuen Wohnort keine Sperrzeit beim Arbeits­lo­sengeld auslösen muss.

Die Klägerin (geb. 1955) des zugrunde liegenden Falls war als Einzel­han­dels­ver­käuferin in Schleswig-Holstein tägig. Im Jahre 2011 lernte sie ihren jetzigen Lebensgefährten kennen, der im Landkreis Nienburg als Hausmeister und Gärtner arbeitet. Sie verbrachten die gemeinsame Freizeit zusammen, wirtschafteten aus einem Topf und sorgten im Krankheitsfall für einander. Eine gemeinsame Wohnung war geplant. Nachdem mehrere Bewerbungen zunächst erfolglos waren, kündigte die Klägerin ihre Stelle, zog zu ihrem Lebensgefährten und meldete sich arbeitsuchend.

Arbeitsagentur verneint Vorliegen eines wichtigen Grundes für Kündigung

Die Bundesagentur für Arbeit verhängte eine Sperrzeit, da die Klägerin ohne "wichtigen Grund" gekündigt habe. Sie stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts, wonach ein wichtiger Grund beim erstmaligen Zusammenziehen nur vorliege, wenn ein Verlöbnis bestehe und eine baldige Eheschließung folge.

Arbeitsaufgabe kann im vorliegenden Fall nicht als versi­che­rungs­widriges Verhalten angesehen werden

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen ist der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung nicht gefolgt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es nicht mehr zeitgemäß erscheine, die Anwendung der Sperr­zeit­vor­schrift bei Arbeitsaufgabe wegen Umzugs an einen famili­en­recht­lichen Status anzuknüpfen. Die Sperrzeit sei weder eine Strafvorschrift noch ein Instrument zur Durchsetzung von gesell­schafts­po­li­tischen Vorstellungen, sondern diene nur dem Schutz der Versi­cher­ten­ge­mein­schaft vor einer Manipulation des versicherten Risikos der Arbeits­lo­sigkeit. Der wichtige Grund sei kein Privileg für Ehegatten, sondern gelte uneingeschränkt für alle Arbeitslosen in ihrer aktuellen und spezifischen Lebenssituation. Es seien gewichtige Umstände (z.B. finanzielle Situation, Schei­dungs­ver­fahren, gesundheitliche Gründe, Wohnungsmarkt, Schwangerschaft) denkbar, die unabhängig vom familiären Status einen Umzug zum Partner als vernünftig erscheinen lassen, sodass kein Interesse bestehe, die Arbeitsaufgabe als versi­che­rungs­widriges Verhalten zu sanktionieren. Die Partnerschaft der Klägerin sei erkennbar durch Kontinuität, Verantwortung und Fürsorge geprägt, so dass die Arbeitsaufgabe kein versi­che­rungs­widriges Verhalten darstelle.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen/ra-online

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