24.11.2024
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Bundessozialgericht Urteil17.10.2007

Kündigung wegen Gründung einer Erzie­hungs­ge­mein­schaft führt nicht zu SperrzeitBundes­so­zi­al­gericht stärkt Rechte von Arbeitslosen

Die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erzie­hungs­ge­mein­schaft, z.B. der Zuzug einer Mutter mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner, kann einen wichtigen Grund darstellen, ein Arbeits­ver­hältnis zu kündigen, wenn Gründe des Kindeswohls dies erfordern. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn durch den Zuzug eine Verbesserung der Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung des Kindes gewährleistet ist. Eine Sperrzeit darf dann nicht verhängt werden. Dies hat das Bundes­so­zi­al­gericht entschieden.

Die Klägerin kündigte ihr Arbeits­ver­hältnis als Verkäuferin in Heidenheim zum 31. August 2004, um mit ihrer 14-jährigen Tochter zu ihrem Verlobten, den sie im Jahr 2001 kennen gelernt hatte, nach Gladbeck zu ziehen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Arbeits­lo­sengeld für einen Zeitraum von zwölf Wochen ab, weil eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe eingetreten sei.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Landes­so­zi­al­gericht ist der Auffassung gewesen, dass die Klägerin sich für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses auf einen wichtigen Grund berufen könne. Zwar sei ein konkreter Hochzeitstermin noch nicht absehbar gewesen. Zwischen der Klägerin und ihrem Verlobten habe jedoch bereits zum Zeitpunkt der Kündigung auch ohne das Vorhandensein einer gemeinsamen Wohnung eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden. Außerdem komme dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Umzug auch der Herstellung einer Erzie­hungs­ge­mein­schaft gedient habe.

Das Bundes­so­zi­al­gericht hat auf die Revision der Beklagten den Rechtsstreit an das Landes­so­zi­al­gericht zurückverwiesen. Entgegen der Rechtsansicht des Landes­so­zi­al­ge­richts gehört das Innehaben einer gemeinsamen Wohnung zu den notwendigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Deshalb kann der Zuzug zum nichtehelichen Lebenspartner zwecks erstmaliger Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses im Sinne des Sperrzeitrechts begründen. Jedoch kann die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erzie­hungs­ge­mein­schaft, d. h. der Zuzug der Klägerin mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner, einen wichtigen Grund bilden, wenn Gründe des Kindeswohls dies erfordern. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn durch den Zuzug eine Verbesserung der Unterbringung, Verpflegung oder Betreuung des Kindes gewährleistet ist. Der Senat erweitert insoweit die bisherige Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts, die einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeitrechts bisher nur beim Zuzug zum Vater oder der Mutter eines gemeinsamen Kindes anerkannt hat. Der Rechtsstreit war insoweit zwecks weiterer Feststellungen zurück­zu­ver­weisen.

Erläuterungen

Hinweis zur Rechtslage:

§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III

(1) Hat der Arbeitslose

1. das Beschäf­ti­gungs­ver­hältnis gelöst oder durch ein arbeits­ver­trag­widriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäf­ti­gungs­ver­hält­nisses gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeits­lo­sigkeit herbeigeführt (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe),

2. ...

ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit ein.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 32/07 des BSG vom 17.10.2007

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