21.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil26.01.2023

Fehlender Arbeitsantritt muss kein sozialwidriges Verhalten seinJobcenter darf Arbeitslose bei Umzug in andere Stadt wegen neuer Stelle nicht „allein lassen“

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass die unterlassene Aufnahme einer Arbeit jedenfalls dann kein sozialwidriges Verhalten darstellt, wenn das Jobcenter den Betroffenen "allein lässt" und nicht die nötige Hilfe leistet.

Zugrunde lag das Verfahren eines Langzeit­a­r­beitslosen (geb. 1962) aus Osnabrück, der bis 2003 als Buchhalter gearbeitet hatte. Hiernach folgten Zeiten der Arbeits­lo­sigkeit und verschiedene Hilfsarbeiten u.a. in Lagerwirtschaft, Gebäu­de­r­ei­nigung und Supermarkt. Der Mann bewarb sich viele Jahre erfolglos auf Stellen als Buchhalter bis das Jobcenter schließlich ab 2017 keine weiteren Fahrtkosten zu Vorstel­lungs­ge­sprächen übernahm. Es müsse ein Strate­gie­wechsel stattfinden, zumal der Bewerber zu Vorstel­lungs­ge­sprächen insbesondere wegen seiner Gleichstellung als Schwer­be­hin­derter eingeladen werde und Bewerbungen als Buchhalter nach so langer Zeit nicht mehr erfolg­ver­sprechend seien. Überraschend erhielt der Mann dennoch 2019 einen Arbeitsvertrag als Buchhalter bei einer Behörde in Düsseldorf. Zur Arbeitsaufnahme kam es jedoch nicht, weil das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution für eine neue Wohnung ablehnte und er deshalb nicht umziehen konnte.

Jobcenter fordert Grund­si­che­rungs­leis­tungen zurück

2020 machte das Jobcenter gegenüber dem Mann eine Erstat­tungs­for­derung wegen sozialwidrigen Verhaltens geltend, da er nicht zum Einstel­lungs­termin erschienen sei und damit vorsätzlich das Zustandekommen eines Arbeits­ver­hält­nisses verhindert habe. Er müsse daher Grund­si­che­rungs­leis­tungen von rd. 6.800 € erstatten. Hiergegen klagte der Mann, denn der fehlende Arbeitsantritt habe nicht in seinem Verschulden gelegen. Den Mietvertrag in Düsseldorf habe er nicht unterschieben, weil er kein Geld für die Kaution gehabt habe und noch nicht aus seinem alten Mietvertrag entlassen gewesen sei.

LSG verneint sozialwidriges Verhalten

Das LSG hat die Rechts­auf­fassung des Klägers bestätigt. Der Nichtantritt einer außerhalb des Tages­pen­del­be­reichs gelegenen Arbeitsstelle stelle kein sozialwidriges Verhalten im Sinne eines objektiven Unwerturteils dar, wenn der Arbeitsuchende am künftigen Beschäf­ti­gungsort keine Wohnung anmieten könne, weil ihm selbst die Mittel für eine Mietkaution fehlten und das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution abgelehnt habe.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (pm/ab)

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