14.12.2024
14.12.2024  
Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.

Dokument-Nr. 33143

Drucken
Urteil20.06.2023Landessozialgericht Baden-WürttembergL 9 AS 2274/22
ergänzende Informationen

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil20.06.2023

Jobcenter muss Hund nicht finanzierenHund als "Sozia­l­kon­takthilfe" ist kein besonderer Bedarf

Der Wunsch nach Tierhaltung begründet keinen Anspruch auf höhere Leistungen des Jobcenters. Das hat das Landes­so­zi­al­gericht (LSG) Baden-Württemberg entschieden.

Der Kläger hatte geltend gemacht, er benötige einen Begleithund als soziale Unterstützung während und insbesondere nach der Corona-Pandemie, um die schweren Folgen sozialer und finanzieller Isolation zu kompensieren, Tagesstrukturen zu entwickeln und soziale Kontakte/Teilhabe zu erlangen, die rund um die Uhr im Wohn- und Außenbereich bestünden. Ihm sei daher der dauerhafte Sozialkontakt zu einem Begleithund auf Lebenszeit als Familienersatz zu gewähren. Die Kosten bezifferte er mit 2.000 Euro für die Anschaffung eines Hundes sowie von monatlich 200,00 Euro für laufende Kosten wie Futter und Hundesteuer.

Hundehaltung fällt nicht unter das zu gewähr­leis­tenden Existenzminimum

Damit blieb der Kläger jedoch vor dem LSG Baden-Württemberg wie schon zuvor vor dem Sozialgericht Stuttgart erfolglos. Denn eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für einen Mehrbedarf wegen Tierhaltung sieht das SGB II nicht vor. Das Gericht stellte nicht in Frage, dass die Haltung eines Hundes dem Kläger eine Art soziale Zuwendung bzw. Familienersatz bieten und für die Aufrecht­er­haltung einer Tagesstruktur hilfreich sein kann. Dies änderte jedoch nichts an dem Umstand, dass Hundehaltung nicht zu dem vom SGB II zu gewähr­leis­tenden Existenzminimum gehört. Auch einen besonderen Bedarf, der ausnahmsweise die begehrte Leistung rechtfertigen könnte, vermochte das LSG schon deshalb nicht zu erkennen, weil es in der Hand des Klägers selbst liegt, diesen Bedarf zu steuern: Anders als beispielsweise bei bestimmten Erkrankungen mit dauerhaft erhöhtem Hygienebedarf, die ggf. zwingend anfallen und für die eine Übernahme der Kosten als möglich angesehen wird, kann der Kläger die Kosten einer Hundehaltung dadurch vermeiden, dass er sich eben keinen Hund anschafft.

Pflege sozialer Kontakte auch ohne Hund möglich

Die Pflege sozialer Kontakte sowohl zu Hunde- als auch zu Nicht­hun­de­be­sitzern in seinem Wohnumfeld ist ihm unabhängig davon, ob er selbst einen Hund besitzt, uneingeschränkt möglich. Der Kläger befindet bzw. befand sich – auch unter Berück­sich­tigung der coronabedingten Isola­ti­o­ns­vor­schriften – nicht in einer außer­ge­wöhn­lichen Lebenssituation, in der ohne die Bedarfsdeckung (Hundehaltung) verfas­sungs­rechtlich geschützte Güter gefährdet werden. Eine konkrete und unmittelbare Gefährdung der Gesundheit des Klägers war ebenfalls nicht zu erkennen. Sie wurde auch vom Kläger ausdrücklich nicht geltend gemacht, denn er hat sich bewusst nicht an seine Krankenkasse gewandt, weil er nach seinem eigenen Vortrag keine „medizinische“ Leistung in Form eines „Psychotherapie-Assistenzhunds“ braucht, sondern einen „Begleithund“ als „Sozialkontakt-Hilfe“.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg, ra-online (pm/ab)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil33143

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI