Dokument-Nr. 15010
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- Keine Rückforderung zuviel gezahlter Arbeitslosenhilfe bei Fehler der VerwaltungSozialgericht Frankfurt am Main, Urteil17.11.2005, S 1 AL 3629/00
- Abgetretenes Vermögen wird Arbeitslosen nicht angerechnetBundessozialgericht, Urteil24.05.2006, B 11a AL 7/05 R
- Verfassungsbeschwerde gegen überlange Dauer eines sozialgerichtlichen Verfahrens erfolglosBundesverfassungsgericht, Beschluss13.08.2012, 1 BvR 1098/11
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil21.11.2012
Keine Entschädigung für die Dauer des Gerichtsverfahrens nach zu Unrecht bezogener ArbeitslosenhilfeAllgemein gültige Zeitvorgabe für (sozialgerichtliches) Verfahren nicht existent
Ein Arbeitsloser, der dem Arbeitsamt (inzwischen: Arbeitsagentur) ein verstecktes Vermögen von ca. 187.000 DM verschweigt, erhält keine Entschädigung für die Dauer der Gerichtsverfahren wegen der Erstattung der Arbeitslosenhilfe. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg.
In dem zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger nach seiner Behauptung, er sei bedürftig, vom Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe erhalten. 1998 stellte die Steuerfahndung das Guthaben des Klägers bei einer Bank in Luxemburg fest, woraufhin das Arbeitsamt rückwirkend die Erstattung von Arbeitslosenhilfe ab Juli 1994 verlangte. Mit seiner gegen die Erstattungsforderung gerichteten Klage unterlag der Kläger in allen Gerichtsinstanzen. Seine Verfassungsbeschwerde nahm das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung an.
Kläger verlangt Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer
Der Kläger verlangte vom Arbeitsamt die erneute Überprüfung der Erstattungsbescheide. Die deswegen 2008 erhobenen Klagen wurden noch im Dezember 2008 abgewiesen, die Berufungen im Dezember 2010 zurückgewiesen. Anschließend hat der Kläger das Land Baden-Württemberg im Januar 2012 wegen überlanger Verfahrensdauer auf Schadenersatz nach § 198 Gerichtsverfassungsgesetz verklagt. Durch die Dauer der Verfahren seien ihm schwere Nachteile zugefügt worden.
Umfangreiche und schwer verständliche Schriftsätze des Klägers verursachten erheblichen Arbeitsaufwand
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg entschied, dass die 2008 vor dem Sozialgericht angestrengten Klageverfahren mit je rund sieben Monaten Dauer keineswegs unangemessen lang gedauert hätten. Bei der Dauer des Berufungsverfahrens von ca. 21 Monaten sei zu berücksichtigen, dass der Kläger durch umfangreiche und schwer verständliche Schriftsätze das Verfahren aufgebläht und allein dadurch einen erheblichen Arbeitsaufwand verursacht habe. Er habe indes lediglich dieselben Argumente vorgetragen, die bereits in den früheren Verfahren – bis hinauf zum Bundessozialgericht und Bundesverfassungsgericht – vorgebracht und dort bereits als unbeachtlich beurteilt worden seien. Die Gesamtverfahrensdauer habe für den Kläger tatsächlich den Vorteil gehabt, dass für die Dauer der Verfahren die Erstattung der zu Unrecht bezogenen Arbeitslosenhilfe aufgeschoben worden sei. Im Übrigen existiere keine allgemein gültige Zeitvorgabe, wie lange ein (sozialgerichtliches) Verfahren höchstens dauern dürfe. Hierfür komme es auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens, sowie das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter, an.
Hinweis
Eine Klage wegen unangemessener Verfahrensdauer gibt es im deutschen Recht erst seit dem 03.12.2011. Die vorliegende Entscheidung ist die erste Entscheidung in der Sozialgerichtsbarkeit Baden-Württemberg zu dieser neuen Regelung. Die maßgebliche Rechtsvorschrift lautet wie folgt:
§ 198 Gerichtsverfassungsgesetz
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(...)
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.01.2013
Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg/ra-online
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