18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Ravensburg Urteil22.03.2007

Zusammenstoß zweier Skifahrer: Schnellerer von hinten kommender Skifahrer muss Sorgfalts­pflichten beachtenVerstoß gegen Sorgfalts­pflichten begründet Haftung wegen Skiunfall

Wer als schnellerer Skifahrer von hinten kommt, muss bestimmte Sorgfalts­pflichten beachten, wie etwa die FIS-Regeln Nr. 3 (Wahl der Fahrspur) und Nr. 4 (Überholen). Verstößt er gegen diese Sorgfalts­pflichten und kommt es daher zu einer Kollision mit einem anderen Skifahrer, so kann er auf Schadenersatz und Schmerzensgeld haften. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Ravensburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Dezember 2012 kam es an einer Zusammenkunft mehrerer Skipisten zu einem Zusammenstoß zweier Skifahrer. Zu der Kollision kam es, weil ein 12-jähriger Skifahrer mit hoher Geschwindigkeit in eine Skifahrerin hinein fuhr, als diese nach links fahren wollte. Die Skifahrerin verletzte sich aufgrund des Unfalls und klagte daraufhin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sie meinte, sowohl der 12-jährige Skifahrer als auch sein anwesender Vater seien für den Unfall verantwortlich gewesen.

Fehlende Aufsichts­pflicht­ver­letzung schloss Schaden­er­satz­an­spruch gegen Vater aus

Das Landgericht Ravensburg verneinte zunächst einen Schaden­er­satz­an­spruch gemäß § 832 Abs. 1 BGB gegen den Vater. Zwar treffe den Eltern eine Aufsichts­pflicht über ihre Kinder. Dieser Aufsichts­pflicht sei der Vater aber nachgekommen. Von einem 12-jährigen Kind könne erwartet werden, in einem Skigebiet selbständig eine Abfahrtspiste hinun­ter­zu­fahren. Dies gelte umso mehr als das Kind seit Jahren Ski fuhr.

Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegenüber 12-jährigen Skifahrer

Demgegenüber bejahte das Landgericht einen Schaden­er­satz­an­spruch und ein Schmerzensgeld gegen den 12-jährigen Skifahrer. Denn dieser habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen.

Verstoß gegen FIS-Regel Nr. 3

Der 12-jährige habe nach Auffassung des Landgerichts gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen. Danach sei der von hinten kommende Skifahrer verpflichtet, so zu fahren, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet. Es sei zu beachten, dass der untere Skifahrer den unein­ge­schränkten Vorrang gegenüber dem von hinten kommenden hat. Zudem müsse insbesondere im Kreuzungs­bereich von mehreren Pisten der von hinten kommende Skifahrer regelmäßig damit rechnen, dass ein vorausfahrender Skifahrer seine Richtung ändert. Dies habe der 12-jährige aber nicht beachtet.

Beweis des ersten Anscheins sprach für Regelverstoß

Kommt es zu einem Unfall, so das Landgericht weiter, der nach der Lebenserfahrung typischerweise durch Beachtung einer Regel verhindert worden wäre, dann spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Unfall auf der Verletzung dieser Regel beruht. So habe der Fall hier gelegen. Wenn ein schnellerer Ski-Fahrer einen vorausfahrenden langsameren Fahrer einholt und anfährt, spreche der Anscheinsbeweis dafür, dass dies unter Verstoß der FIS-Regel Nr. 3 geschah.

Verstoß gegen FIS-Regel Nr. 4

Zudem habe nach Ansicht des Landgerichts der Beweis des ersten Anscheins dafür gesprochen, dass der Unfall unter Nichtbeachtung des gebotenen Abstands verursacht worden ist und der 12-jährige somit gegen die FIS-Regel Nr. 4 verstieß. Nach dieser Regel müsse ein Überholender einen solchen Abstand wählen, dass dem Vorausfahrenden für alle Bewegungen, die sich aus dem Skisport ergeben, genügend Raum bleibt. Der 12-jährige habe hier aber keinen ausreichenden Sicher­heits­abstand gewählt. Er hätte damit rechnen müssen, dass die vorausfahrende Skifahrerin ihre Fahrtrichtung ändert.

Quelle: Landgericht Ravensburg, ra-online (vt/rb)

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