18.10.2024
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Sie sehen eine Einbauküche in einer Wohnung.

Dokument-Nr. 26226

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Beschluss18.07.2018Landgericht Nürnberg-Fürth7 S 5872/17
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Schwabach, Urteil14.08.2017, 4 C 1343/16
ergänzende Informationen

Landgericht Nürnberg-Fürth Beschluss18.07.2018

LG Nürnberg-Fürth setzt Haftung des Vermieters für Verletzungen des Mieters GrenzenUnmittelbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung und Herabfallen des Rollos nicht gegeben

Es muss ein Kausa­l­zu­sam­menhang zwischen einem Mangel der Mietsache und einer Verletzung, welche der Mieter erleidet, bestehen. Dieser scheidet dann aus, wenn der Schaden­s­eintritt fern jeglicher Lebenserfahrung liegt oder nicht vom Schutzzweck der verletzten Norm umfasst ist. Dies hat das Landgericht Nürnberg-Fürth entschieden.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin von dem Beklagten im August 2013 eine Doppel­haus­hälfte nebst Garten angemietet. Kurz nach ihrem Einzug teilte sie dem Beklagten mit, dass im Wohnzimmer ein Rollo „schwergängig“ sei.

Klägerin stürzt aufgrund Erschreckens nach Herunterkrachen des Rollos

Die Klägerin stürzte ca. zwei Wochen später auf der Treppe, welche von der Terrasse in den hinteren Garten führt. Die Klägerin trägt vor, dass das von ihr monierte Rollo plötzlich aus einer Höhe von 2,20 m herun­ter­ge­kracht sei. Aufgrund dieses Lärmes sei sie erschrocken, habe beim Heruntergehen der Treppe das Gleichgewicht verloren und sich erst in letzter Sekunde mit der rechten Hand an einer sich im Garten befindlichen Säule festhalten können, um einen Sturz zu Boden zu vermeiden. Dadurch habe sie sich am Handgelenk schwer verletzt und unter anderem einen Knorpelschaden sowie einen Teilbänderriss erlitten.

Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Haushalts­füh­rungs­schaden

Die Klägerin hat im Juli 2016 Klage zu dem Amtsgericht Schwabach erhoben und dort unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EUR sowie ca. 52.000 EUR Haushalts­füh­rungs­schaden von dem Beklagten verlangt.

AG: Laute Geräusche und das Erschrecken darüber dem Risikobereich der Klägerin zuzurechnen

Das Amtsgericht Schwabach hat die Klage abgewiesen. Das Amtsgericht sah es bereits als zweifelhaft an, ob der Beklagte eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht dadurch verletzt hat, dass er das defekte Rollo nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt reparieren ließ. Jedenfalls sei aber die Verletzung der Klägerin nicht auf eine Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen, sondern es habe sich hier das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht. Laute Geräusche gehören nach Ansicht des Amtsgerichts Schwabach zur Alltags­wirk­lichkeit, so dass ein Erschrecken über ein lautes plötzliches Geräusch dem Risikobereich der Klägerin zuzurechnen sei.

Kein adäquater Zurech­nungs­zu­sam­menhang zwischen Pflicht­ver­letzung des Beklagten und Verletzung der Klägerin

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung zu dem Landgericht Nürnberg-Fürth eingelegt, welche durch Beschluss vom 18. Juni 2018 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass das Amtsgericht Schwabach zutreffend einen adäquaten Zurech­nungs­zu­sam­menhang zwischen einer möglichen Pflicht­ver­letzung des Beklagten und der Verletzung der Klägerin verneint habe. Die Verletzung sei nicht unmittelbar durch das herabfallende Rollo verursacht worden, sondern vielmehr erst durch die Reaktion der Klägerin auf das Geräusch, welches das Rollo beim Aufprall auf den Boden hervorrief. Die Pflicht des Vermieters, Mängel an der Mietsache zu beseitigen, umfasse grundsätzlich auch den Schutz von Leib und Leben. Vorliegend seien die geltend gemachten Verletzungen zwar noch vom Schutzzweck der Norm umfasst, jedoch nicht mehr adäquat zurechenbar. Es könne zwar durchaus passieren, dass jemand aufgrund eines lauten Geräusches erschrecke und in Folge dessen eine unwillkürliche Bewegung mache. Eine solche Überreaktion gehöre aber zum allgemeinen Lebensrisiko und sei nicht adäquat verbunden mit dem Defekt des Rollos, da sich vorliegend mehrere unglückliche Umstände aneinander gereiht hätten, welche letztlich zu der Verletzung der Klägerin führten. Anders wäre der Fall dann zu beurteilen gewesen, wenn die Klägerin unmittelbar unter dem Rollo gestanden hätte und sie durch eine Berührung mit diesem direkt oder durch einen hierdurch ausgelösten Sturz verletzt worden wäre.

Quelle: Landgericht Nürnber-Fürth, ra-online

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