Dokument-Nr. 29776
Permalink https://urteile.news/
- WuM 2020, 782Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2020, Seite: 782
- Amtsgericht Münster, Urteil10.06.2020, 98 C 2625/19
Landgericht Münster Urteil16.09.2020
Messie-Syndrom: Zustellen der Wohnung rechtfertigt ohne konkrete Gefährdung oder Störung keine Kündigung des MietverhältnissesAbstrakte Gefährlichkeit durch Wohnnutzung begründet kein Kündigungsrecht
Das Zustellen einer Wohnung durch den Mieter rechtfertigt ohne Vorliegen einer konkreten Gefährdung oder Störung nicht die Kündigung des Mietverhältnisses. Allein die in jeder Wohnnutzung liegende abstrakte Gefahr einer Schädigung begründet kein Kündigungsrecht. Dies hat das Landgericht Münster entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anlässlich von Modernisierungsmaßnahmen in einer Wohnung in Münster wurde im Jahr 2016 zufällig festgestellt, dass die Mieterin ihre Wohnung mit Altpapier, Textilien und Erinnerungsstücken zugestellt hat. Sie erhielt aufgrund dessen zunächst Ende des Jahres 2018 eine Abmahnung. Schließlich wurde sie im April 2019 gekündigt. Da die Mieterin die Kündigung nicht akzeptierte, erhob die Vermieterin Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung.
Amtsgericht gab Räumungsklage statt
Das Amtsgericht Münster gab der Räumungsklage statt. Zwar habe ein Sachverständigengutachten ergeben, so das Gericht, dass eine konkrete Gefährdung der Mietsache durch Unrat, Ungezieferbefall, Schimmel oder Beeinträchtigung der Statik nicht bestehe, darauf komme es aber nicht an. Der Zustand der Wohnung stelle keine übliche Wohnnutzung dar und begründe eine abstrakte Gefahr der Beeinträchtigung der Mietsache und der anderen Hausbewohner. Gegen diese Entscheidung legte die Mieterin Berufung ein.
Landgericht verneint Wirksamkeit der Kündigung
Das Landgericht Münster entschied zu Gunsten der Mieterin. Ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung bestehe nicht. Denn die Kündigung sei weder als fristlose gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB noch als ordentliche Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wirksam. Es sei zu beachten, dass eine Gefährdung der Mietsache nach dem Gutachten des Sachverständigen nicht feststellbar sei. Zudem führe selbst ein grenzwertiges Ansammeln von Altpapier, Textilien und Erinnerungsstücken nicht zur Annahme einer über das tatsächliche Wohnen hinausgehenden zweckwidrigen Nutzung. Jeder Mieter dürfe seine Wohnung so einrichten und so leben, wie er es für richtig hält, solange er hierdurch Rechte Dritter nicht beeinträchtigt.
Abstrakte Gefahr rechtfertigt keine Kündigung
Nach Auffassung des Landgerichts rechtfertige allein die durch die Lagerung verschiedener Gegenstände begründete abstrakte Gefahr für das Mietobjekt keine Kündigung. Grundsätzlich bestehe in jedem Mietverhältnis eine abstrakte Gefahr einer etwaigen Schädigung, die seitens des Vermieters hinzunehmen sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.01.2021
Quelle: Landgericht Münster, ra-online (zt/WuM 2020, 782/rb)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil29776
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.