18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 34034

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Landgericht München I Urteil28.05.2024

Kein Schmerzensgeld für Augenverletzung in der AnprobeKleideranprobe unterliegt allgemeinem Lebensrisiko

Ein Kunde, der bei der Anprobe eines Kleidungsstücks durch ein daran befestigtes handelsübliches Preisschild verletzt wird, hat gegenüber dem Ladenbesitzer in der Regel keinen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld. Das hat das Landgericht München I entschieden.

Im April 2023 probierte die klagende Kundin im Outlet Store der Beklagten ein T-Shirt. Dabei verletzte sie sich durch ein an diesem T-Shirt angebrachtes Preisschild am rechten Auge. Die Kundin hat gegen den Betreiber des Outlet Stores deswegen Klage erhoben und Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.000,00 € gefordert. Der Betreiber des Outlet Stores habe die ihm obliegenden Verkehrs­si­che­rungs­pflichten verletzt, da das Preisschild in seiner Ausgestaltung aufgrund fehlender Sicherung und Erkennbarkeit gefährlich gewesen sei. Das Preisschild habe ihr bei der Anprobe ins Auge geschlagen. Sie habe dadurch eine erhebliche Verletzung am rechten Auge erlitten. Es sei erforderlich gewesen, an dem verletzten Auge eine Hornhaut­trans­plan­tation durchzuführen. Bis heute leide sie unter Schmerzen und sei weiterhin in ihrer Sicht eingeschränkt sowie besonders blende­emp­findlich. Der Betreiber des Outlet Stores hat eingewandt, bei dem verwendeten Preisschild handle es sich um ein übliches Standa­rd­preis­schild in der Größe von ca. 9 cm x 5 cm mit abgerundeten Ecken und einer flexiblen Rebschnur. Die Preisschilder seien durch ihre Größe und das Gewicht des Bündels deutlich fühlbar gewesen. Vergleichbare Fälle von aufgetretenen Verletzungen seien ihm nicht bekannt. Zudem sei es gesetzlich vorgeschrieben, entsprechende Preisschilder an den Waren anzubringen.

Keine Verletzung der Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt stehe der Kundin ein Anspruch auf Schmerzensgeld gegenüber dem Betreiber des Outlet Stores zu. Sichernde Maßnahmen seien nur in dem Maße geboten, in dem sie ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei müsse der Geschäfts­be­treiber nicht für alle denkbar entfernten Möglichkeiten eines Schaden­s­ein­tritts Vorsorge treffen. Es komme vielmehr auch entscheidend darauf an, welche Möglichkeiten der Geschädigte hat, sich vor erkennbaren Gefahrquellen selbst zu schützen.

Vorhandensein eines Preisschilds "erwartbar"

Im hier entschiedenen Einzelfall habe der Betreiber des Outlet Stores den an ihn gerichteten Verkehrs­si­che­rungs­pflichten Genüge getan. Für die Kundin sei das Vorhandensein eines Preisschildes erwartbar und das Treffen eigener Sicher­heits­vor­keh­rungen zumutbar gewesen sei. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werfe ein Kunde bereits vor der Anprobe einen Blick auf das Preisschild und könne daher ohne weiteres selbst dafür Sorge tragen, dass er sich bei der Anprobe nicht verletze. Die Forderung der Kundin, gesondert auf das Vorhandensein von Preisschildern an der Kleidung hinzuweisen, hielt das Gericht für lebensfremd und nicht zumutbar. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/ab)

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