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Dokument-Nr. 34670

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Urteil19.12.2024Landgericht München I26 O 12612/23
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Landgericht München I Urteil19.12.2024

ZDF Magazin Royale - Landgericht München I verbietet ZDF Aussagen über früheren BSI-Chef SchönbohmGrenzen der Satirefreiheit überschritten

Das Landgericht München I hat über eine Klage des früheren Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Infor­ma­ti­o­ns­technik gegen ZDF entschieden. Dabei hat es der Beklagten die Verbreitung und Behauptung vier konkreter Äußerungen untersagt, die in der Sendung "ZDF Magazin Royale" von Jan Böhmermann und später auf www.zdf.de getätigt wurden. Einen Anspruch auf Geldent­schä­digung hat die Kammer dagegen abgewiesen.

Nach Überzeugung der Kammer könnten insbesondere zwei im Rahmen der Sendung getätigte Äußerungen vom Publikum so verstanden werden, dass der Kläger bewusste Kontakte zu russischen Nachrich­ten­diensten gehabt habe. Dies stelle eine unwahre Tatsa­chen­be­hauptung dar, die den Kläger in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletze. Die Beklagte müsse diese Äußerungen daher künftig unterlassen.

Der Kläger forderte von der Beklagten unter anderem die Unterlassung der Verbreitung und Behauptung von Äußerungen, welche im Rahmen des erstmals am 07.10.2022 ausgestrahlten Beitrags des Formats "ZDF Magazin Royale" getätigt wurden. Außerdem forderte er die Unterlassung von zwei später auf www.zdf.de veröf­fent­lichten Äußerungen. Weiter verlangte der Kläger von der Beklagte die Zahlung einer Geldent­schä­digung in Höhe von mindestens 100.000,00 €.

Der Kläger begründete seine Forderungen damit, die angegriffenen Äußerungen stellten unwahre Tatsa­chen­be­haup­tungen dar. Es werde der unzutreffende Eindruck erweckt, der Kläger habe bewusst Kontakt zu russischen Nachrich­ten­diensten gehabt.

Der Kläger sei durch die angegriffenen Äußerungen besonders schwerwiegend in seinen allgemeinen Persön­lich­keits­rechten verletzt. Insbesondere sei er in der Öffentlichkeit in erheblichem Umfang herabgewürdigt worden und habe sein Amt als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Infor­ma­ti­o­ns­technik verloren. Aufgrund der besonders schwerwiegenden Natur der Persön­lich­keits­ver­letzung sei diese durch eine Geldent­schä­digung auszugleichen. Dem trat die Beklagte entgegen. Die Berich­t­er­stattung sei keineswegs so zu verstehen, dass man dem Kläger bewusste Kontakte nach Russland unterstellt habe. Vielmehr habe der Kläger selbst "unbewusste Kontakte" zu russischen Geheimdiensten nicht ausschließen können. Die Sendung habe in zulässiger Weise satirisch zugespitzte Kritik am Bundesamt für Sicherheit in der Infor­ma­ti­o­ns­technik und am Kläger als dessen damaligem Präsidenten geübt. Es sei typisches Stilmittel der Satire, dass mit Unein­deu­tig­keiten gespielt werde und dadurch z.B. Lücken in einer Argumentation oder einer Stellungnahme offengelegt würden.

Die Kammer hat dem Kläger einen Anspruch auf Unterlassung von vier der angegriffenen fünf Äußerungen zugesprochen. Der Kläger sei insoweit in seinem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt worden. Insbesondere zwei der angegriffenen Äußerungen stellten sich nach einer nicht fernliegenden Deutungs­va­riante als Tatsa­chen­be­haup­tungen des Inhalts dar, der Kläger unterhalte bewusst Kontakt mit Nachrich­ten­diensten aus Russland. Dabei ergebe sich der Bedeu­tungs­gehalt der Aussage nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus den Beglei­t­um­ständen.

Grenzen der Satirefreiheit überschritten

Auch eine satirische Äußerung müsse sich an den Maßstäben der Meinungs­freiheit messen lassen, wenn es um den Tatsachenkern der Aussage gehe. Entsprechend sei in der Abwägung, ob die Äußerungen untersagt werden oder nicht, ein großzügiger Maßstab anzulegen, der seine Grenze jedoch dort finde, wo sich die Äußerung als eine unwahre, das Persön­lich­keitsrecht verletzende Tatsa­chen­be­hauptung darstelle. Bei vier von insgesamt fünf angegriffenen Äußerungen sei diese Grenze überschritten und der Anspruch des Klägers daher begründet. Bei der fünften der angegriffenen Äußerungen handele es sich dagegen um eine satirisch zugespitzte Meinung­s­äu­ßerung, nicht um eine unwahre Tatsa­chen­be­hauptung, die deshalb unter Abwägung der konkreten Umstände noch hinzunehmen sei.

Kein Schmerzensgeld

Einen Anspruch auf Geldent­schä­digung hat die Kammer dem Kläger dagegen nicht zuerkannt. Auch bei einer schwerwiegenden Persön­lich­keits­ver­letzung gebe es weitere Voraussetzungen für die Zuerkennung einer Geldent­schä­digung: Zum einen könnten die in der Sendung getätigten Äußerungen auch anders gedeutet werden, als der Kläger dies tue, und zum andern habe der Kläger nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, der Rechts­ver­letzung anders und eher entge­gen­zu­wirken, etwa durch einen wesentlich früher geltend gemachten

Unter­las­sungs­an­spruch oder durch einen Anspruch auf Richtigstellung der angegriffenen Äußerungen in einer weiteren Ausgabe der Sendung "ZDF Magazin Royale". Dann aber seien die Voraussetzungen für eine Geldent­schä­digung, die nur als "letzter Ausweg" ("ultima ratio") bei Ansprüchen gegen die Presse in Betracht komme, nicht gegeben.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/pt)

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