21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 30245

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Landgericht München I Urteil28.04.2021

Keine weiteren Entschädigungs­ansprüche neben den Corona-SoforthilfenLG München I zu Schaden­sersatz­ansprüchen wegen Corona-Maßnahmen

Das Landgericht München I hat heute zwei Klagen abgewiesen, die auf Schadenersatz gegen den Freistaat Bayern gerichtet waren. Geklagt hatten die Betreiberin einer Kartbahn sowie der Betreiber einer Musik- und Filmproduktion.

In beiden Fällen haben die Kläger vorgetragen, durch die am 16.03.2020 vom Bayerische Staats­mi­nis­terium für Gesundheit und Pflege sowie für Familie, Arbeit und Soziales erlassene Allge­mein­ver­fügung und daran anschließend durch die Bayerische Verordnung über Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 Einnah­me­ausfälle erlitten zu haben, die nicht vollständig durch sogenannte „Corona-Soforthilfen“ aufgefangen wurden. Die genannte Allge­mein­ver­fügung hatte unter anderem den Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die nicht zur notwendigen Verrichtung des täglichen Lebens, sondern der Freizeit­ge­staltung dienen, untersagt. Danach wurde ebendies durch die Bayerische Ver-ordnung über Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen anlässlich der Corona-Pandemie vom 27.03.2020 geregelt. Beide Kläger waren dadurch von entsprechenden Betrie­bs­schlie­ßungen betroffen.

Schaden­s­er­satz­an­spruch nur bei Infek­ti­o­ns­abwehr

Das LG hat entschieden, dass weder ein normierter Schaden­er­satz­an­spruch nach Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz besteht noch auf anderer gesetzlicher Grundlage oder in analoger Anwendung bestehender Reglungen ein Entschä­di­gungs­an­spruch zugesprochen werden kann. Der in § 65 Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz normierte Schaden­er­satz­ansprüche setze voraus, dass die ergriffenen Maßnahmen der Infek­ti­o­ns­abwehr dienten. Die den Klagen zu Grunde liegenden staatlichen Maßnahmen seien jedoch mit dem Ziel der Infek­ti­o­ns­be­kämpfung begründet worden. Auch eine analoge Anwendung der Norm auf Folgen von Infek­ti­o­ns­be­kämp­fungs­maß­nahmen sei nicht geboten.

Keine Regelungslücke

Denn eine analoge Anwendung der Norm setze zunächst voraus, dass eine vom Gesetzgeber nicht erkannte Regelungslücke bestehe. Das sei aber nicht der Fall, da der Gesetzgeber im Infek­ti­o­ns­schutz­gesetzt bewusst zwischen Maßnahmen der Infek­ti­o­ns­abwehr und solchen der Infek­ti­o­ns­be­kämpfung unterscheide und daran unter­schiedliche Rechtsfolgen knüpfe. Zu berücksichtigen sei insoweit auch, dass der Gesetzgeber im Rahmen der seit Beginn der Corona-Pandemie vielfältig vorgenommenen Änderungen des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes offensichtlich keinen Anlass gesehen habe, diese Unterscheidung aufzugeben oder aber einen Schaden­er­satz­an­spruch im Zusammenhang mit Infek­ti­o­ns­be­kämp­fungs­maß­nahmen zu normieren.

Auch Amtshaf­tungs­ansprüche wegen schuldhaftes Handeln eines Amtsträgers nicht gegeben

Auch auf anderer Grundlage hat das LG keinen Anspruch der Klageparteien auf Entschädigung gesehen. Insbesondere könne eine solche Rechtsfolge auch nicht aus dem von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstitut des enteignenden oder enteig­nungs­gleichen Eingriffs abgeleitet werden. Denn es widerspreche dem Grundsatz der Gewaltenteilung, wenn Richterrecht eine Entschä­di­gungs­grundlage für massenhaft auftretende Schäden darstellen sollte und dadurch in die freie Entscheidung des Haushalts­ge­setz­gebers eingegriffen würde. Schließlich seien auch Amtshaf­tungs­ansprüche nach § 839 BGB nicht gegeben. Insoweit sei kein schuldhaftes Handeln eines Amtsträgers ersichtlich.

Quelle: Landgericht München I, ra-online (pm/aw)

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