Dokument-Nr. 7405
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Landgericht Mannheim Beschluss06.02.2009
"2. Krawattenstreit": Anwälte müssen unter der Robe keinen Schlips vor Gericht tragen (Entscheidung der 14. Strafkammer LG Mannheim)Zurückweisung des Anwalts wäre unverhältnismäßig - Würde des Gerichts wird nicht in Frage gestellt
Die 14. Strafkammer des Landgerichts Mannheim hat mit zwei Beschlüssen die noch beim Landgericht anhängigen Beschwerdeverfahren im sog. Krawattenstreit zum Abschluss gebracht.
In den beiden von der 14. Strafkammer zu entscheidenden Fällen hatte das Amtsgericht Mannheim im Oktober 2008 in zwei Hauptverhandlungen in Bußgeldsachen den jeweiligen Verteidiger des Betroffenen mit der Begründung zurückgewiesen, dass er unter seiner geschlossenen Robe keine Krawatte getragen habe. Die 14. Strafkammer hat auf die Beschwerde des jeweiligen Rechtsanwaltes nunmehr festgestellt, dass die Zurückweisung rechtswidrig war.
Richter lassen Frage nach Ermächtigungsgrundlage für die Zurückweisung offen - Hierauf kommt es hier nicht an
In seiner Begründung ließ die Kammer - wie auch die 4. Strafkammer des Landgerichts Mannheim in einem ähnlich gelagerten Fall (vgl. "1. Krawattenstreit": Anwalt muss vor Gericht unter der Robe keinen Schlips tragen (Entscheidung der 4. Strafkammer LG Mannheim)) - ausdrücklich offen, ob die Rechtsverordnung des Justizministeriums Baden-Württemberg vom 01.07.1976, auf die das Amtsgericht seine Entscheidung gestützt hatte, überhaupt noch als Ermächtigungsgrundlage für die Zurückweisung herangezogen werden konnte, oder ob diese Vorschrift mittlerweile durch § 20 BORA verdrängt wird, aus dem sich gerade keine Verpflichtung zum Tragen einer Krawatte ergebe.
Zurückweisung war nicht verhältnismäßig
Eine Entscheidung dieser Frage bedurfte es nach Auffassung der Kammer nicht, da in beiden Fällen die Zurückweisung jedenfalls gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen habe.
Würde des Gerichts wurde nicht in Frage gestellt
Nach Ansicht der Kammer sei die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung getragene Kleidung nicht geeignet gewesen, die Würde des Gerichts in Frage zu stellen. Der äußere Sitzungsablauf sei durch die Kleidung, wenn überhaupt, nur geringfügig gestört worden. Demgegenüber seien der erhebliche Eingriff in die Berufsfreiheit des Verteidigers und der Anspruch des Betroffenen auf Wahrnehmung seiner Rechte durch einen Anwalt seines Vertrauens zu beachten gewesen. Diese beiden gewichtigen Umstände habe das Amtsgericht jedoch nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt.
Das eine Verfahren ist bereits durch Urteil abgeschlossen worden, nachdem sich der Betroffene nach Zurückweisung seines Verteidigers bereit erklärt hatte, auch ohne diesen weiter zu verhandeln. Das andere Verfahren ist nach der Zurückweisung des Verteidigers ausgesetzt worden, so dass demnächst ein neuer Termin bestimmt werden wird.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.02.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Mannheim vom 06.02.2009
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