03.12.2024
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Landgericht Krefeld Urteil14.09.2016

VW-Abgasskandal: Rücktrittsrecht des Käufers eines mit manipulierter Software ausgestatteten Audis A6Audi-Vertragshändler zur Rückzahlung des Kaufpreises verpflichtet

Ist ein gekaufter Pkw der Marke Audi A6 mit der Schummel-Software ausgestattet, so ist das Fahrzeug mangelhaft. Der Käufer kann daher wirksam vom Kaufvertrag mit dem Vertragshändler zurücktreten und den Kaufpreis zurückverlangen. Eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ist entbehrlich, da eine Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist. Zudem ist der Sachmangel nicht als unerheblich anzusehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Krefeld hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2014 kaufte sich ein Mann bei einer Vertrags­händlerin von Audi einen Audi A6 mit einem Dieselmotor des Typs EA 189. Das Fahrzeug war mit der sogenannten Schummel-Software ausgestattet. Durch diese war es möglich, dass das Fahrzeug die nach der Euro-5-Abgasnorm vergebenen NOx-Grenzwerte einhält. Nach Bekanntwerden des VW-Abgasskandals verlangte der Käufer im Januar 2016 von der Vertrags­händlerin unter Setzung einer Frist von 16 Tagen Nacherfüllung. Die Vertrags­händlerin erklärte sich grundsätzlich dazu bereit, den Mangel zu beheben. Das dazu benötigte Software-Update stand jedoch erst im Mai 2016 zur Verfügung, so dass die Nacher­fül­lungsfrist ablief. Der Käufer erklärte daraufhin im März 2016 den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung zurück. Die Vertrags­händlerin weigerte sich den Kaufpreis zu erstatten. Sie bestritt das Vorliegen eines Mangels und verwies auf das in der Entwicklung befindliche Software-Update. Der Käufer ließ dies nicht gelten und erhob Klage.

Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises

Das Landgericht Krefeld entschied zu Gunsten des Klägers. Er habe den Kaufpreis abzüglich einer Nutzungs­ent­schä­digung von der Beklagten zurückverlangen dürfen. Denn der Kläger sei wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Nichterfüllung der Euro-5-Abgasnorm begründet Sachmangel

Nach Ansicht des Landgerichts sei der Audi A6 mangelhaft gewesen, da das Fahrzeug nicht die Euro-5-Abgasnorm erfüllt habe. Damit habe ihm eine Beschaffenheit gefehlt, wie sie bei Sachen der gleichen Art üblich sei und die ein Käufer nach der Art der Sache erwarten könne (§ 434 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Kläger habe bei seiner Kaufent­scheidung davon ausgehen dürfen, dass der erworbene Pkw die für ihn geltenden Abgas­vor­schriften einhalte und die dazugehörigen Emissionswerte korrekt ermittelt worden seien. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Die Einhaltung der Vorschriften sei nur auf den Einsatz der manipulierten Software zurückzuführen gewesen und sei damit nicht vorschriftsmäßig sichergestellt worden.

Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung

Für unerheblich hielt das Landgericht den Umstand, dass der Beklagten nur eine kurze Frist zur Nichterfüllung gesetzt worden sei. Denn eine Fristsetzung sei wegen Unzumutbarkeit der Nacherfüllung gemäß § 440 BGB entbehrlich gewesen. So habe die begründete Befürchtung bestanden, dass das Software-Update entweder nicht erfolgreich sein oder zu Folgemängeln führen würde. Es sei zum Zeitpunkt des Rücktritts nicht auszuschließen gewesen, dass die Beseitigung der manipulierten Software negative Auswirkungen auf die übrigen Emissionswerte, den Kraft­stoff­ver­brauch und die Motorleistung haben würde. Weiterhin sei es dem Kläger zeitlich unzumutbar gewesen, auf die Nacherfüllung zu warten. Angesichts des noch in der Entwicklung befindlichen Software-Updates sei es dem Kläger gar nicht möglich gewesen, sinnvoll eine Frist zur Nacherfüllung zu setzen. Schon allein das Abwarten ins Ungewisse sei unzumutbar. Schließlich sei eine Nacherfüllung unzumutbar gewesen, weil das Vertrau­ens­ver­hältnis zu Audi nachhaltig zerstört gewesen sei. Dieser Vertrau­ens­verlust habe sich auch auf die Beziehung zwischen dem Kläger und der Beklagten als Vertrags­händlerin von Audi ausgewirkt. Es sei zu befürchten gewesen, dass die Beklagte eher im Lager des VW-Konzerns stehe und dessen wirtschaftliche Interessen verfolge bzw. bevorzuge. Dies gelte vor allem in Anbetracht dessen, dass die Beklagte den Mangel noch im Prozess geleugnet habe.

Keine unerhebliche Pflicht­ver­letzung

Der Rücktritt sei nach Auffassung des Landgerichts nicht gemäß § 323 Abs. 5 BGB ausgeschlossen gewesen, da die Pflicht­ver­letzung nicht als unerheblich anzusehen sei (andere Ansicht: LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 - I-2 O 425/15 -). Zwar sei von einer Unerheblichkeit auszugehen, wenn der Mangel­be­sei­ti­gungs­aufwand weniger als 5 % des Kaufpreises betrage. Dies sei hier der Fall gewesen. Die Mangel­be­sei­ti­gungs­kosten haben lediglich ,25 % des Kaufpreises betragen. Dennoch habe ein erheblicher Mangel vorgelegen. Denn zum Zeitpunkt des Rücktritts sei trotz des damals angekündigten Software-Updates ein erheblicher und berechtigter Mangelverdacht verblieben und damals noch nicht absehbar gewesen, wann der Pkw des Klägers nachgebessert werden würde. Nicht außer Betracht habe ferner bleiben dürfen, dass der Kläger ohne den Rücktritt faktisch zu einer ihm unzumutbaren Nachbesserung gezwungen werden würde. Zudem würde sich der erhebliche Imageverlust von Audi auf die Preise auf dem Gebraucht­wa­genmarkt nieder­ge­schlagen, was zu einem merkantilen Minderwert führen könne. Schließlich sei der Vertrau­ens­verlust bei der Bewertung der Erheblichkeit des Mangels zu berücksichtigen gewesen.

Quelle: Landgericht Krefeld, ra-online (vt/rb)

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