21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Landgericht Koblenz Urteil16.01.2020

Kein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld nach Sturz im Freizeitpark aufgrund eigenen FehlverhaltensLG Koblenz zu den Verkehrs­sicherungs­pflichten im Freizeitpark

Stürzt ein Besucher eines Freizeitparks, weil er eine Fahrge­schäft­anlage nicht wie ausgeschildert durch den Ausgang sondern durch den Eingang verlässt, hat der Besucher keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Betreiber einer Spiel- und Vergnü­gungs­anlage muss Besucher nur vor solchen Gefahren schützen, die über das übliche Risiko der Benutzung einer solchen Anlage hinausgehen und vom Besucher weder vorhersehbar noch ohne weiteres erkennbar sind. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Koblenz hervor.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls besuchte mit einer Bekannten und deren Kindern einen Freizeitpark der Region. Er begab sich während seines Aufenthalts im Park durch eine Eingangstür zu einem Karussell. Dort spielte er mit einem der Kinder. Obwohl sich dort ein durch ein Schild mit der Aufschrift "Ausgang" gekenn­zeichneter separater Ausgang mit einem Drehkreuz befand und sich die Eingangstür von innen auch nur 20-25 cm nach außen öffnen lässt, verließ der Kläger die Attraktion im Rahmen des Spiels in hohem Tempo durch den nicht dafür vorgesehenen Ausgang, sondern durch die Eingangstüre. Dabei blieb er mit seiner Hose an einem herausstehenden Teil des Verrie­ge­lungs­me­cha­nismus dieser Tür hängen und stürzte mit dem Kopf auf dort befindliche Steine. Der Kläger zog sich hierdurch Unter­kie­fer­brüche sowie Frakturen an zwei Zähnen zu und musste deshalb in stationäre Kranken­h­aus­be­handlung. Er war danach ca. zweieinhalb Monate arbeitsunfähig erkrankt. Es bedurfte auch im Anschluss noch einer Nachbehandlung. Deshalb begehrt er wegen Verstoßes gegen eine Verkehrssicherungspflicht des Parkbetreibers Schadensersatz und Schmerzensgeld. Diese Ansprüche hat die Beklagte Betreiberin des Freizeitparks abgelehnt, da der Kläger nicht wie vorgesehen den Ausgang, sondern anders als vorgesehen den Eingang als Ausgang genutzt hat.

LG verneint Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld

Das Landgericht wies die Schadensersatz- und Schmer­zens­geldansprüche des Klägers zurück. Nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB sowie § 823 Abs. 1 BGB haftet ein Parkbetreiber für die Verletzung von Schutzpflichten bzw. Verkehrs­si­che­rungs­pflichten dafür, dass der Parkbesucher nicht durch die Anlagen im Park an seiner Gesundheit geschädigt wird. Hierbei muss der Betreiber einer Spiel- und Vergnü­gungs­anlage den Benutzer aber nur vor solchen Gefahren schützen, die über das übliche Risiko der Benutzung einer solchen Anlage hinausgehen und vom Benutzer weder vorhersehbar noch ohne weiteres erkennbar sind. Hierzu hat das Landgericht entschieden, dass der Parkbetreiber seine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht nicht verletzt hat, da nicht vorhersehbar ist, dass ein erwachsener Mensch bei einem überschaubaren Karus­sell­betrieb zum Verlassen desselben statt des mit einem Schild versehenen Ausgangs den ebenfalls mit einem Schild gekenn­zeichneten Eingang benutzt. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass es in Freizeitparks bei Karus­sell­be­trieben neben einem Eingang auch einen separaten Ausgang gibt. Dieser war hier durch ein Drehkreuz auch ohne Weiteres optisch erkennbar und nur neun Meter vom Eingang entfernt. Ein durch­schnittlich sorgfältiger Erwachsener konnte den Ausgang mithin ohne Weiteres als solchen erkennen. Der Kläger hatte jedoch auf Grund des Spiels mit einem der Kinder seiner Umgebung nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet und deshalb das Drehkreuz nicht wahrgenommen. Insofern geht das Landgericht weiter davon aus, dass er auch ein Schild mit der Aufschrift "kein Ausgang" an der Innenseite der Eingangstür nicht wahrgenommen hätte. Der expliziten Kennzeichnung der Eingangstür von innen, dass es sich hierbei nicht um einen Ausgang handelt, bedurfte es nach Ansicht des Landgerichts daher nicht. Das Gericht führt das Hängenbleiben an der Tür vielmehr auf das hohe Tempo beim Verlassen des Fahrgeschäfts durch den Kläger zurück, da Türen öfter hervorstehende Türver­rie­ge­lungen haben und nichts passiere.

Angestellten stehen andere Befugnisse zu als Besuchern

Auch ist es für das Landgericht unerheblich, wenn zuvor ein Mitarbeiter des Parks die Tür auch als Ausgang genutzt hat, da Angestellte in einem Park andere Befugnisse als Besucher haben und darüber hinaus mit der Örtlichkeit vertraut sind. Ein Schluss darauf, dass die Tür von jedermann als Ausgang genutzt werden dürfe ergibt sich aus einer Nutzung durch einen Mitarbeiter daher nicht.

§ 241 Pflichten aus dem Schuld­ver­hältnis

(1) 1 Kraft des Schuld­ver­hält­nisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. 2 Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuld­ver­hältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

§ 280 Schadensersatz wegen Pflicht­ver­letzung

(1) 1 Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuld­ver­hältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. 2 Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflicht­ver­letzung nicht zu vertreten hat. [...]

§ 823 Schaden­s­er­satz­pflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) 1 Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. 2 Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Quelle: Landgericht Koblenz/ra-online (pm/kg)

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