21.11.2024
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Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.

Dokument-Nr. 20621

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ergänzende Informationen

Landgericht Frankfurt am Main Beschluss03.11.2014

Latente Suizidgefahr eines Räumungs­schuldners rechtfertigt unter bestimmten Umständen seine stationäre BehandlungVoraussetzung ist überwiegendes Interesse des Räumungs­gläu­bigers an der Räumung

Kann im Falle einer Zwangsräumung die latente Suizidgefahr des Räumungs­schuldners in eine akute Suizidgefahr umschlagen, so muss das Voll­streckungs­gericht dieser mit begleitenden Schutzmaßnahmen begegnen. Zu solchen Maßnahmen kann z.B. die stationäre Behandlung des Räumungs­schuldners gehören. Das setzt allerdings voraus, dass die Interessen des Räumungs­gläu­bigers an der Räumung überwiegen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall verlor ein Mann aufgrund einer Zwangs­ver­stei­gerung im Dezember 2012 das Eigentum an seinem Haus. Da er angab, akut suizidgefährdet zu sein, sollte es zu einer Räumung kommen, beantragte der Mann die Einstellung der Räumung gemäß § 765 a ZPO.

Kein Anspruch auf Einstellung der Räumung trotz latenter Suizidgefahr

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied gegen den Räumungs­schuldner. Ihm habe kein Anspruch auf Einstellung der Räumung trotz der vorhandenen latenten Suizidgefahr zugestanden. Denn dieser Gefahr sei durch begleitende Schutzmaßnahmen Rechnung zu tragen, die sicherzustellen haben, dass dem Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit Genüge getan wird.

Stationäre Behandlung kann begleitende Schutzmaßnahme darstellen

Als geeignete Schutzmaßnahmen erachtete das Landgericht zunächst, dass zwischen der Ankündigung der Räumung und der tatsächlichen Räumung mindestens ein Zeitraum von vier Wochen liegt. Dieser Zeitraum soll eine Begutachtung des Räumungs­schuldners ermöglichen und das Vollstre­ckungs­gericht gegebenenfalls unter Einschaltung des Betreu­ungs­ge­richts und der Ordnungs­be­hörden in die Lage versetzen, angemessene Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zu solchen Maßnahmen gehöre aus Sicht des Landgerichts die freiwillige oder auch zwangsweise Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.

Interesse des Räumungs­gläu­bigers rechtfertigte mögliche Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus

Das Landgericht verkannte zwar nicht, dass eine stationäre Behandlung eine erhebliche Beein­träch­tigung für den Räumungs­schuldner darstellt. Das grundrechtlich geschützte Interesse des Räumungs­gläu­bigers an der Räumung habe seiner Auffassung nach aber überwogen. Es sei zu beachten gewesen, dass dem neuen Eigentümer des Hauses sein nach Art. 14 GG geschütztes Nutzungsrecht entzogen wurde. Zudem sei der Schutz der Familie nach Art. 6 GG zu berücksichtigen gewesen. Der Räumungs­gläubiger verfügte über minderjährige Kinder. Ferner habe die Angelegenheit die Familie des Räumungs­gläu­bigers erheblich finanziell belastet. Das Gericht wies auf den Grundsatz hin, dass dem Einzelnen nicht die Aufgaben überbürdet werden dürfen, die aufgrund des Sozial­staats­prinzips dem Staat und damit der Allgemeinheit obliegen.

Kein geeignetes Mittel zum Lebensschutz durch ambulante Therapie

Nach Auffassung des Landgerichts habe darüber hinaus eine ambulante Therapie kein geeignetes Mittel zum Lebensschutz dargestellt, da der Räumungs­schuldner nicht die erforderliche Eigenmotivation und Thera­pie­wil­ligkeit besessen habe.

Quelle: Landgericht Frankfurt a.M., ra-online (zt/WuM 2015, 105/rb)

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