Bundesgerichtshof Beschluss24.11.2005
Bei Suizidgefahr darf die Räumungsvollstreckung nur mit Anordnung konkreter Betreuungsmaßnahmen durchgeführt werden
Wenn bei einer Räumungsvollstreckung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Räumungsschuldners besteht, darf der Einstellungsantrag des Räumungsschuldners nur abgelehnt werden, wenn das Vollstreckungsgericht der Suizidgefahr durch geeignete konkrete Auflagen entgegenwirkt. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.
Im Fall hatten die Schuldner unter Hinweis auf bestehende Suizidabsichten beantragt, die Räumungsvollstreckung für den Zeitraum von drei Monaten auszusetzen. Das Amtsgericht und das Landgericht hatte diesen Antrag im Ergebnis zurückgewiesen.
Zu Unrecht, wie der BGH entschied. Zwar schließe eine für den Fall einer Zwangsvollstreckung bestehende Suizidgefahr eine Räumungsvollstreckung nicht von vornherein aus vollständig aus. Es müsse allerdings bei der Zwangsvollstreckung eine Würdigung aller Umstände vorgenommen werden. Unter Umständen sei die Vollstreckung für einen längeren Zeitraum und - in absoluten Ausnahmefällen - auch auf unbestimmte Zeit einzustellen. Bei einer konkreten Suizidgefahr müsse geprüft werden, ob dieser Gefahr nicht durch Maßnahmen wirksam begegnet werden könne. Diese Maßnahmen beträfen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, aber auch die Ingewahrsamnahme des Suizidgefährdeten nach polizeirechtlichen Vorschriften oder die Unterbringung nach den einschlägigen Landesgesetzen.
Vorinstanzen:
LG Ravensburg 4 T 18/04 vom 15.10.2004,
AG Ravensburg 1 M 1265/04 vom 01.04.2004
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Quelle: ra-online
der Leitsatz
ZPO § 765a
Besteht im Fall der Räumungsvollstreckung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung des Räumungsschuldners, darf ein Einstellungsantrag des Räumungsschuldners nur abgelehnt werden, wenn das Vollstreckungsgericht der Suizidgefahr durch geeignete konkrete Auflagen oder durch die Anordnung geeigneter konkreter Betreuungsmaßnahmen entgegenwirkt.