18.10.2024
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Dokument-Nr. 17918

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Beschluss21.11.2012Bundesverfassungsgericht2 BvR 1858/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2013, 290Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 290
  • NZM 2013, 93Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2013, Seite: 93
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Freiberg, Beschluss01.02.2012, 4 M 0519/12
  • Landgericht Chemnitz, Beschluss02.07.2012, 3 T 58/12
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss21.11.2012

Voll­streckungs­schutz gegen Zwangsräumung bei SuizidgefahrGrundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) ist zu beachten

Besteht die Gefahr, dass der Schuldner im Falle einer Zwangsräumung Suizid begeht, ist ihm gemäß § 765 a ZPO Voll­streckungs­schutz zu gewähren. Insofern hat das Voll­streckungs­gericht das Grundrecht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) zu beachten. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verfassungs­gerichts hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einem 72 Jahre alten Hauseigentümer drohte im Februar 2012 eine Zwangsräumung. Da er befürchtete im Falle der Räumung Selbstmord zu begehen, beantragte er Vollstreckungsschutz.

Amtsgericht und Landgericht verneinten Vollstre­ckungs­schutz

Dieser Schutz wurde ihm jedoch sowohl vom Amtsgericht Freiberg als auch vom Landgericht Chemnitz versagt. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass nach Ausführungen eines Sachver­ständigen keine akute Suizidgefahr bestanden habe. Sollte sich dies zum Zeitpunkt der Räumung geändert haben, was nach Auffassung des Sachver­ständigen zu erwarten war, obliege es dem Gerichts­voll­zieher entsprechende Maßnahmen zum Lebensschutz zu ergreifen. Der Hauseigentümer erhob daraufhin Verfas­sungs­be­schwerde.

Nichtbeachtung des Grundrechts auf Leben und körperlicher Unversehrtheit

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht entschied zu Gunsten des Hauseigentümers und hob die Entscheidung des Landgerichts auf. Die Entscheidung des Landgerichts habe nicht hinreichend das Grundrecht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) berücksichtigt. Denn das Gericht habe das Bestehen einer Suizidgefahr im Zeitpunkt der Räumung und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zu deren Abwendung nicht geprüft.

Landgericht musste Möglichkeit eines Suizids zum Zeitpunkt der Räumung prüfen

Nach Ansicht des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts habe das Landgericht die Entscheidung über ein Vollstre­ckungs­schutz nicht dem Gerichts­voll­zieher überlassen dürfen. Vielmehr hätte es selbst der Frage nachgehen müssen, ob dem Hauseigentümer zum Zeitpunkt der Räumung Gefahr für Leib oder Leben droht und wie einer solchen Gefahr gegebenenfalls zu begegnen ist. Als mögliche Maßnahmen nannte das Bundes­ver­fas­sungs­gericht den Aufschub der Zwangsräumung. Dies verbunden mit der Auflage, dass der Hauseigentümer soziale Hilfe für die Bewältigung der Situation in Anspruch nimmt.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

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