Landgericht Düsseldorf Urteil05.03.2018
Auf Militärbasis in den USA lebende Familie als Gastfamilie für Schüler nicht zu beanstandenMehr als 20 Jahre zurückliegende Lagerung von Atomwaffen, Amoklauf und Flugzeugabsturz kein Indiz für besonders gefährliches Leben auf Militärbasis
Das Landgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Schüleraufenthalt auf einer Militärbasis in den USA einer geeigneten Gastfamilie "mittlerer Art und Güte" entsprechen kann.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls buchte bei der beklagten Vermittlungsagentur für Gastschulaufenthalte für seinen Sohn ein Gastschuljahr in den USA. Noch vor Antritt der Reise im Sommer 2016 erfuhr der Sohn des Klägers, dass die vermittelte Gastfamilie auf einer Militärbasis in der Nähe von Spokane/Washington wohnte. Diese Basis war bis zum Jahr 1990 Lagerort von nuklearen Sprengköpfen gewesen. Am 20. Juni 1994 hatte es dort einen Amoklauf mit vier Toten und 22 Verletzten gegeben; vier Tage später war ein Flugzeug während einer Flugshow abgestürzt mit vier Toten. Seit dem 15. August 2016 war der Zutritt zur Militärbasis nur noch mit einem Berechtigungsausweis möglich.
Kläger tritt von Vermittlungsvertrag zurück und verlangt vollständige Rückzahlung des Reisepreises
Mit dieser Gastfamilie war der Kläger nicht einverstanden. Auf seinen Widerspruch bot die beklagte Vermittlungsagentur die Unterbringung des Sohnes bei einer alleinstehenden Gastmutter mit einem erwachsenen Sohn an, was der Kläger wiederum ablehnte. Der Kläger trat vom Vermittlungsvertrag zurück und verlangte die vollständige Rückzahlung des Reisepreises von insgesamt 13.275 Euro. Die Beklagte erstattete 765 Euro für die nicht erfüllte Staatenwahl und 48 % des Restpreises in Höhe von 6.004,80 Euro.
auch interessant
LG: Leistung der Vermittlungsagentur war nicht mangelhaft
Das Landgericht Düsseldorf ist der Argumentation des Klägers nicht gefolgt. Seine Kündigung sei unwirksam, weil die Leistung der Vermittlungsagentur nicht mangelhaft war. Die dem Gastschüler vermittelte Gastfamilie, die in den USA auf einer Militärbasis lebt, sei vertragsgerecht. Das Gericht verwies auf die Vorschrift des § 651 l Abs. 2 Nr. 1 BGB. Danach muss eine Gastfamilie für eine bei Mitwirkung des Gastschülers nach den Verhältnissen des Aufnahmelandes angemessene Unterbringung, Beaufsichtigung und Betreuung des Gastschülers geeignet sein. Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber gewollt, dass der Schüler aus pädagogischen Gründen in einer zufällig ausgewählten Familie, gewissermaßen einer Familie "mittlerer Art und Güte" untergebracht werde.
Beruf der Gasteltern für Einstufung der Familie als Durchschnittsfamilie des Gastlandes nicht entscheidend
Dass die Gastmutter als Mitarbeiterin der Krankenhausverwaltung Militärangehörige ist und Uniform trägt, macht die Familie nicht als Gastfamilie ungeeignet. Für die Frage, ob eine Familie als Durchschnittsfamilie des Gastlandes anzusehen ist, kommt es nicht in erster Linie auf den Beruf der Gasteltern an. Auch das Leben auf einer zugangsbeschränkten Militärbasis begründet für sich gesehen nicht die Ungeeignetheit, weil in den USA viele Menschen in sog. Gated Communities leben. Es sei dem Gastschüler zuzumuten, dass damit der spontane Besuch eines Mitschülers erschwert oder gar unmöglich werde. Die mehr als 20 Jahre zurückliegende Lagerung von Atomwaffen, der Amoklauf und der Flugzeugabsturz seien kein Indiz dafür, dass das Leben auf dieser Militärbasis besonders gefährlich sei.
Auch alleinstehende Gastmutter könnte angemessene Unterbringung gewährleisten
Schließlich entspreche auch eine alleinstehende Gastmutter mit erwachsenem Sohn durchschnittlichen Lebensverhältnissen in den USA und könne eine angemessene Unterbringung gewährleisten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.03.2018
Quelle: Landgericht Düsseldorf/ra-online