21.11.2024
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Landgericht Düsseldorf Urteil23.11.2021

Freiheits­s­trafen und Einziehung der Taterträge wegen Hawala-BankingLG Düsseldorf verurteilt Mitglieder eines Grenz­über­schreitenden Hawala-Banking-Netzwerks

Das Landgericht Düsseldorf hat fünf Angeklagte wegen unerlaubten Erbringens von Zahlungs­diensten (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 ZAG) in Tateinheit mit mit­glied­schaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und zwei der Angeklagten darüber hinaus wegen Verstößen gegen das Waffengesetz zu Freiheits­s­trafen zwischen 4 Jahren 2 Monaten und 1 Jahr 8 Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheits­s­trafen wurde für drei der Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht hat außerdem Taterträge in Höhe von mehr als 170 Mio. Euro eingezogen.

Die Staats­an­walt­schaft Düsseldorf hatte gegen zwei Angeklagte Haftstrafen von 3 Jahren und 2 Monaten sowie 5 Jahren gefordert. Gegen drei Angeklagte hatte die Staats­an­walt­schaft Bewäh­rungs­strafen von 2 Jahren beantragt. Aufgrund des Ergebnisses der an 27 Tagen durchgeführten Haupt­ver­handlung ist das Gericht vor dem Hintergrund der umfassenden Geständnisse der Angeklagten und der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Angeklagten zwischen März 2018 und November 2019 über 500 Geldwert­über­wei­sungen zwischen Deutschland und der Türkei vorgenommen und dabei Gelder in Höhe von 170 Mio Euro bewegt haben.

"Hawala-Banking" einer kriminellen Organisation

Ab einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zu Beginn des Jahres 2018 waren die Angeklagten Mitglieder einer internationalen Organi­sa­ti­o­nss­truktur, deren Zweck die Durchführung von grenz­über­schrei­tenden Geldüber­wei­sungen ist. Im Rahmen dieses sog. Hawala-Banking erfolgen die Überweisungen durch Schaffung von Liqui­di­täts­vorräten {sog. "Töpfen") an den jeweiligen Ausgangsorten und Zielorten. Die Kunden zahlen das Geld an einem Ort ein und erhalten es an einem anderen Ort abzüglich der Provision zurück. Eine faktische Bargeldbewegung findet für die jeweilige Einzel­trans­aktion nicht statt. Die Betreiber der verschiedenen Töpfe rechnen in regelmäßigen Abständen ihre gegenseitigen Forderungen auf und gleichen die Fehlbeträge aus. Dieses System basiert allein auf dem Vertrauen, dass der Wert der eingezahlten Gelder an der vereinbarten Stelle wieder ausgezahlt wird.

Freiheits­s­trafen für Waffenbesitz und illegalem Geldtransfer

Im Einzelnen hat das Landgericht Düsseldorf die Angeklagten wie folgt verurteilt: Der Hauptangeklagte wurde wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungs­diensten in Tateinheit mit mitglied­s­chaft­licher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbau­to­ma­tischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patro­nen­mu­nition zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von 4 Jahren 2 Monaten verurteilt. Gegen ihn wurde die Einziehung eines Betrages von 154.206.028,00 EUR angeordnet. Ein weiteres Mitglied wurde wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungs­diensten in Tateinheit mit mitglied­s­chaft­licher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und wegen des tateinheitlich begangenen, zweifachen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer halbau­to­ma­tischen Kurzwaffe zum Verschießen von Patro­nen­mu­nition zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von 2 Jahren 10 Monaten verurteilt. Gegen ihn wurde die Einziehung eines Betrages von 20.453.955,00 EUR angeordnet. Die an den Zahlstellen tätigen Mitglieder wurden wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungs­diensten in Tateinheit mit mitglied­s­chaft­licher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu Freiheits­s­trafen von 1 Jahr 10 Monaten bzw. 1 Jahr 8 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Strafmilderung wegen Unter­su­chungshaft unter Pande­mie­be­din­gungen

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie die Taten in der Haupt­ver­handlung und teilweise auch bereits im Ermitt­lungs­ver­fahren umfassend gestanden haben. Auch die von zwei Angeklagten erlittene Unter­su­chungshaft unter Pande­mie­be­din­gungen wurde strafmildernd bedacht. Ferner wurde die Dauer der Haupt­ver­handlung und des Ermitt­lungs­ver­fahrens zu Gunsten der Angeklagten bedacht. Darüber hinaus waren vier der Angeklagten nicht vorbestraft. Strafschärfend hat die Strafkammer die hohe kriminelle Energie der Angeklagten gewertet, die in ihrer professionellen Vorgehensweise über einen relativ langen Tatzeitraum zum Ausdruck kam und dazu geführt hat, dass mehr als 170 Mio. € an der Bankenaufsicht vorbei transferiert werden konnten.

Quelle: Landgericht Düsseldorf, ra-online (pm/aw)

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