18.10.2024
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Dokument-Nr. 30182

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Urteil23.04.2021Landgericht Düsseldorf10 KLs 5/20
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Landgericht Düsseldorf Urteil23.04.2021

Erneut Hohe Freiheits­s­trafen wegen betrügerischer Abrechnung von Pflegedienst­leistungenHohe kriminelle Energie als strafschärfend zu werten

Das Landgericht Düsseldorf hat vier Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges zu Gesamtfreiheits­strafen zwischen fünf Jahren zwei Monaten und zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Zwei Angeklagte müssen wegen Geldwäsche in 293 Fällen vier bzw. drei Jahren sechs Monaten ins Gefängnis. Das LG hat die Taterträge in Höhe von mehr als 1,4 Mio € eingezogen.

Einen weiteren Angeklagten hat das Gericht wegen Beihilfe zur Geldwäsche in 17 Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr sechs Monaten verurteilt, wobei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist und einen Angeklagten hat das Gericht freigesprochen. Die Staats­an­walt­schaft hatte gegen fünf Angeklagte Haftstrafen zwischen dreieinhalb und sechs Jahren gefordert, gegen drei Angeklagte Bewäh­rungs­strafen von bis zu zwei Jahren.

Krankenkassen und Kommunen zahlten gutgläubig für tatsächlich nicht erbrachte Pflege­leis­tungen

Aufgrund des Ergebnisses der an 35 Tagen durchgeführten Haupt­ver­handlung mit umfangreicher Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass vier Angeklagte und ein zwischen­zeitlich Verstorbener die Idee hatten, nicht erbrachte Pflege­leis­tungen betrügerisch abzurechnen. Dazu errichteten sie zunächst drei Pflegedienste mit Sitz in Düsseldorf, die Stern Pflegedienst GmbH, die Lottos Gesundpflege GmbH und die Lotos Pflegedienst GmbH. Spätestens ab 2012 rechneten diese Pflegedienste Leistungen gegenüber Abrech­nungs­ge­sell­schaften ab. Die Abrech­nungs­stellen beglichen die angeblichen Pflegedienst-Forderungen und rechneten sie dann gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen bzw. Kommunen ab. Die Krankenkassen bzw. die Kommunen zahlten gutgläubig auf tatsächlich nicht erbrachte Pflege­leis­tungen.

Nur ein Bruchteil der Patienten so gepflegt wie vorgeschrieben und abgerechnet

Nach der Überzeugung des Gerichts wurde nur ein Bruchteil der Patienten so gepflegt, wie die Ärzte es verschrieben hatten und wie es gegenüber den Krankenkassen und Kommunen abgerechnet wurde. Statt der verschriebenen Pflege­leis­tungen erhielten die Patienten auch Geldleistungen und sog. Kompen­sa­ti­o­ns­leis­tungen wie etwa Fahrten zum Arzt, Putzen der Wohnung, Maniküre oder Pediküre. Das Gericht stellte fest, dass die Lotos Pflegedienst GmbH 2012 und 2013 insgesamt 290.872,83 € zu Unrecht abrechnete, die Lottos Gesundpflege GmbH von 2014 bis Oktober 2016 insgesamt 424.973,79 € und die Stern Pflegedienst GmbH von 2012 bis Oktober 2016 817.656,60 €. Damit betrug der Gesamtschaden 1.535.503,22 €.

Schein­rech­nungen, Geldwäsche und Schwarzgeld

Die Angeklagten, die die Pflegedienste betrieben, entnahmen gezielt Gelder, um damit gegen Schein­rech­nungen, die weitere zwei Angeklagte ausstellten, Schwarzgeld an Patienten, Ärzte, Mitarbeiter und sich selbst weiterzugeben. Zur Geldwäsche warben diese zwei Angeklagten mit Hilfe eines weiteren Angeklagten gegen eine Provision von 8 bis 10 % lettische Staats­an­ge­hörige an und statteten sie mit Konten aus. Auf diese Konten überwies die Pflegeteam Alef GmbH in der Zeit von Februar 2014 bis Oktober 2015 insgesamt 464.140,46 €, die Stern Pflegedienst GmbH in der Zeit von März 2014 bis September 2016 insgesamt 888.956,34 € und die Lottos Gesundpflege GmbH in der Zeit von März 2014 bis September 2016 1.478.844,18 €. Diese Gelder flossen nach Abzug der Provisionen in bar wieder an die einzelnen Pflegedienste zurück, um Schwarzgelder auszuzahlen.

Gericht verhängt Haftstrafen von über fünf Jahren

Die 10. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf hat den Haupt­an­ge­klagten G. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Angeklagte G. ist wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Der Angeklagte Jurij B. ist wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Kammer hat den Angeklagten Dimitri B. wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in drei Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte Bl. ist wegen Geldwäsche in 293 Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von vier Jahren verurteilt worden. Der Angeklagte S. ist wegen Geldwäsche in 293 Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Die Kammer hat den Angeklagten Mi. wegen Beihilfe zur Geldwäsche in 17 Fällen zu einer Gesamt­frei­heits­strafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Hohe kriminelle Energie strafschärfend

Im Rahmen der Strafzumessung hat die Kammer zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigt, dass sie alle nicht vorbestraft sind. Die Begehung der Taten wurde den Angeklagten erleichtert, weil die Pflege­leis­tungen nicht ausreichend kontrolliert wurden. Die Angeklagten sind den Schadenersatz- und Erstat­tungs­ansprüchen der Krankenkassen und Kommunen ausgesetzt. Strafmildernd hat das Gericht auch berücksichtigt, dass sieben der acht Angeklagten Geständnisse bzw. Teilge­ständnisse abgelegt haben. Strafschärfend hat die Strafkammer die hohe kriminelle Energie der Angeklagten gewertet, die in ihrer professionellen Vorgehensweise über einen relativ langen Tatzeitraum zum Ausdruck kam und zu dem hohen Schaden geführt hat.

LG hatte bereits im Mai 2018 neun angeklagte verurteilt

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staats­an­walt­schaft und die Angeklagten können gegen das Urteil Revision zum Bundes­ge­richtshof einlegen. Schon mit Urteil vom 05.02.2018 (18 Kls 2/17) hatte die 18. große Strafkammer des Landgerichts Düsseldorf neun Angeklagte wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges bzw. gewerbsmäßiger Geldwäsche zu Gesamt­frei­heits­s­trafen zwischen sieben Jahren und zwei Jahren wegen betrügerischer Abrechnung von Pflegedienstleistungen verurteilt.

Quelle: Landgericht Düsseldorf, ra-online (pm/ab)

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