Landgericht Dortmund Beschluss08.07.2011
LG Dortmund: Mieter muss vor Unterzeichnung des Mietvertrages auf seine Entlassung aus Sicherungsverwahrung hinweisenVermieter darf Mietvertrag anfechten und Mieter zur Räumung der Wohnung verpflichten
Die Anfechtung eines Mietvertrages durch den Vermieter ist wirksam und der Mieter zur Räumung der Wohnung verpflichtet, wenn der Mieter den Vermieter nicht darüber aufklärt, dass er aus der Sicherungsverwahrung aufgrund der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) entlassen worden ist. Dies entschied das Landgericht Dortmund
In dem der Verhandlung zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger und Vermieter den Beklagten auf Räumung des von diesem angemieteten Wohnraums in Dortmund verklagt. Bei Abschluss dieses Mietvertrages hatte der Beklagte den Kläger nicht darüber informiert, dass er sich bis Ende 2010 in der Sicherungsverwahrung wegen von ihm begangener Straftaten befand und nur aufgrund der Entscheidungen des EGMR über die Unrechtmäßigkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung Ende 2010 aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden war.
Entlassung aus Sicherungsverwahrung erfolgte nicht aufgrund einer Resozialisierung, sondern unter Anordnung massiver begleitender Auflagen
Das Landgericht Dortmund - wie auch das Amtsgericht Dortmund - haben diesen Gesichtspunkt als aufklärungspflichtig angesehen. Zwar sei - so das Landgericht - ein Mietinteressent grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Vorstrafen oder ein gegen ihn anhängiges Ermittlungsverfahren zu offenbaren. Etwas anderes müsse allerdings dann gelten, wenn im vorliegenden Fall der Beklagte aus der Sicherungsverwahrung nicht deshalb entlassen worden ist, weil er resozialisiert und die Sicherungsverwahrung aus diesem Grunde nicht mehr erforderlich ist, sondern gegen ihn massive begleitende Auflagen angeordnet worden sind. Dieser Umstand sei für die Willensbildung eines Vermieters mit Blick auf den Abschluss des Mietvertrages von ausschlaggebender Bedeutung. Denn Bürgerproteste und die öffentliche Berichterstattung könnten negative Auswirkungen auf das Wohnumfeld der übrigen Mieter haben. Unter Berücksichtigung dieser bei Abschluss des Mietvertrages begangenen arglistigen Täuschung sei dem Sicherungsverwahrten auch keine Räumungsfrist zu bewilligen gewesen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.07.2011
Quelle: Landgericht Dortmund/ra-online