21.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil05.06.2018

Mit Vollkasko gegen den Baum: Kein Anspruch auf Versicherungs­leistungen bei vorsätzlich herbeigeführtem UnfallLG Coburg zur Beweislast für das vorsätzliche Herbeiführen eines Verkehrsunfalls

Führt ein Versi­che­rungs­nehmer einen Versi­che­rungsfall vorsätzlich herbei, ist der Versicherer von seiner Leistungs­pflicht befreit. Dies muss der Versicherer im Prozess nachweisen. Gelingt ihm das nicht, verbleibt es bei seiner Leistungs­pflicht. Ausschlaggebend für die Entscheidung ist eine Gesamtwürdigung von Indizien und sonstiger Umstände. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Coburg hervor, das im vorliegenden Fall die Klage eines Versicherungs­nehmers auf Zahlung von Leistungen aus einem Voll­kasko­versicherungs­vertrag abwies, weil der Unfall offensichtlich vorsätzlich herbeigeführt wurde.

Der Kläger war mit dem Pkw seiner Ehefrau, einem älteren hochwertigen Fahrzeug, auf einer Landstraße nach rechts von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Kurze Zeit nach dem Unfall wurde das Fahrzeug unrepariert für 12.000 Euro verkauft. Vom beklagten Vollkas­ko­ver­si­cherer verlangte der Kläger zunächst Reparaturkosten in Höhe von 24.000 Euro (netto), später nur noch einen geringeren Betrag. Er behauptete, zum Unfall sei es deshalb gekommen, weil er wegen schlechter Sicht­ver­hältnisse bei Dunkelheit und Nieselregen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe. Nach Ansicht der Versicherung war der Kläger mit dem Pkw jedoch absichtlich gegen den Baum gefahren, um in den Genuss der Versi­che­rungs­leistung zu kommen. Hierzu verwies die Versicherung auf verschiedene Umstände, mit denen sich das Gericht in seiner Entscheidung im Einzelnen ausein­an­der­zu­setzen hatte.

Gericht von vorsätzlicher Herbeiführung des Unfalls überzeugt

Nach Anhörung des Klägers, der Vernehmung eines Zeugen und der Einholung eines technischen Sachver­stän­di­gen­gut­achtens war das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hatte. Dieser hatte das Unfallgeschehen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich dargestellt und - nach der Einschätzung des Gerichts - immer dem aktuellen Verfahrensstand angepasst. So hatte der Kläger zunächst angegeben, er habe das Fahrzeug nicht mehr abbremsen können, bevor er gegen den Baum geprallt sei. Nach dem Vorliegen des Gutachtens behauptete der Kläger plötzlich, vor der Kollision doch noch kurz gebremst zu haben. Auch zum Zweck der Autofahrt machte der Kläger verschiedene, teilweise auch fragwürdige Angaben. Der Sachverständige stellte außerdem fest, dass die ursprüngliche Unfall­schil­derung des Klägers nicht plausibel war. Abgesehen von der Frage des Abbremsens vor dem Anprall am Baum konnte nämlich auch eine Lenkbewegung des Fahrzeuges vom Baum weg nicht festgestellt werden, wie es bei einem versehentlichen Abkommen von der Straße aber zu erwarten gewesen wäre. Schließlich war die Aufpra­ll­ge­schwin­digkeit so bemessen, dass für die Insassen des Fahrzeugs einerseits keine ernsthaften Verletzungen zu befürchten waren, andererseits aber ganz erhebliche Fahrzeugschäden verursacht wurden. Dass das Fahrzeug dann auch noch nur kurze Zeit später unrepariert verkauft wurde und deshalb u. a. unklar blieb, ob sich daran ältere Beschädigungen befanden, und weil schließlich der Kläger und seine Ehefrau innerhalb von drei Jahren in fünf weitere Unfal­le­r­eignisse verwickelt waren, bei denen es teilweise auch um ein Abkommen von der Fahrbahn ohne Unfallgegner gegangen war, genügte dem Gericht für die Überzeugung, dass der Kläger den Unfall vorsätzlich herbeigeführt hatte. Es wies die Klage ab.

Gesamtwürdigung von Indizien und sonstiger Umstände für gerichtliche Entscheidung ausschlaggebend

Führt der Versi­che­rungs­nehmer den Versi­che­rungsfall vorsätzlich herbei, ist der Versicherer von seiner Leistungs­pflicht befreit. Dies muss der Versicherer im Prozess nachweisen. Gelingt ihm das nicht, verbleibt es bei seiner Leistungs­pflicht. Weil der Versicherer bei dem fraglichen Versi­che­rungsfall aber selbst nicht dabei ist, bleibt ihm meist nichts anderes übrig, als Umstände zu benennen, die für eine vorsätzliche Herbeiführung des Versi­che­rungs­falles sprechen, sogenannte Indizien. Liegen dann viele Indizien vor, für die es bei einem echten Unfall keine Erklärung gibt oder die bei einem fingierten Unfall deutlich häufiger auftreten, kann dem Versicherer der Beweis der vorsätzlichen Herbeiführung des Versi­che­rungs­falles gelingen. Ausschlaggebend für das Gericht ist hierbei eine Gesamtwürdigung dieser Indizien und der sonstigen Umstände. Gelangt das Gericht dabei zu der Überzeugung, dass der Versi­che­rungsfall vorsätzlich herbeigeführt wurde, hat der Versicherer den Beweis geführt und wird von seiner Leistungs­pflicht frei.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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