23.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil27.10.2015

Verletzter Torhüter muss vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Regelverstoß des Gegenspielers beweisen könnenLG Coburg zum Haftungsmaßstab im Rahmen eines Fußballspiels

Das Landgericht Coburg hat entschieden, dass ein Torhüter, der bei einem Fußballspiel durch einen Gegenspieler verletzt wird, nur dann Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er einen Nachweis für einen vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Regelverstoßes durch den Gegner erbringen kann.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens verlangte Schmerzensgeld in mittlerer vierstelliger Höhe für Verletzungen und den Ersatz weiterer Schäden, die er im Rahmen eines Fußballspiels bei einem Zusammentreffen mit dem in der gegnerischen Mannschaft spielenden Beklagten erlitten hatte. Kurz vor dem Abpfiff des Verbands­ju­ni­o­ren­spiels hatte der Kläger hierbei einen doppelten Kieferbruch erlitten, weshalb er u. a. auch operiert werden musste. Eine Ahndung des Vorfalles durch den Schiedsrichter war nicht erfolgt.

Unfallhergang unklar

Der Beklagte soll den Kläger, nachdem dieser als Torhüter den Ball mit beiden Armen sicher vor der Brust gehalten und mit dem Oberkörper darauf gelegen habe, aus Frust mit voller Wucht gegen den Kopf getreten haben. Dies sei keine im Spiel gerechtfertigte Härte mehr, sondern eine vorsätzliche Körper­ver­letzung, jedenfalls aber ein grob fahrlässiger Regelverstoß gewesen. Aus Sicht des Beklagten lag schon gar kein Regelverstoß vor. Der Kläger habe den Ball nämlich keineswegs sicher gehalten. Er sei vielmehr mit Oberkörper, Kopf und Händen voraus in Richtung Ball gesprungen, der jedoch etwa 1 m vor dem Kläger gelegen habe. Der im gleichen Abstand zum Ball stehende Beklagte sei jedoch schneller am Ball gewesen und zu Schuss gekommen. Unglü­ck­li­cherweise sei hierbei der Kläger getroffen worden - ob nun vom Fuß des Feldspielers oder vom Ball, sei unklar.

Spieler können für Verletzungen nach regelgerechtem und sportlich fairem Einsatz des Gegners keinen Schadensersatz verlangen

Fußball ist ein Kampfspiel mit erhöhtem Gefähr­dungs­po­tential, bei dem es nicht selten beim gemeinsamen Kampf um den Ball zu Verletzungen kommt. Für die Verletzungen eines Mitspielers haftet der Gegner deshalb nur dann, wenn er schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstößt. Weil sich die Spieler aber der erhöhten Verlet­zungs­gefahr beim kämpferisch ausgetragenen Fußballspiel bewusst sind, können sie für Verletzungen im Zusammenhang mit regelgerechten und sportlich fairem Einsatz des Gegners keinen Schadensersatz verlangen. Auch nur ganz geringfügige Regelverstöße bleiben in diesem Zusammenhang folgenlos.

Verletzter muss schuldhaftes und nicht regelgerechtes Verhalten des Gegenspielers beweisen

Zur Abgrenzung werden hierbei die Regeln des Deutschen Fußballbundes herangezogen. Der Verletzte muss also beweisen, dass sich sein Gegner im Spiel schuldhaft nicht regelgerecht verhalten hat. Die Hektik und Eigenart des Fußballspiels ist hierbei besonders zu berücksichtigen. Es reicht deshalb auch nicht aus, dass der Gegner den Regelverstoß mit einfacher Fahrlässigkeit begangen hat. Ein Schaden­s­er­satz­an­spruch kann vielmehr nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn die Regeln vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden sind.

Nachweis über Regelverstoß nicht ausreichend dargelegt

Trotz der Anhörung der Parteien und der Vernehmung mehrerer Zeugen konnte das Gericht nicht genau klären, was in den letzten Sekunden des Spiels tatsächlich geschah. Den Nachweis des erforderlichen Regelverstoßes konnte der Kläger damit nicht erfolgreich führen. Darüber hinaus sah das Gericht auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des beklagten Gegenspielers, selbst wenn ein regelwidriges Verhalten vorgelegen haben sollte.

LG weist Klage ab

Die Klage blieb deshalb ohne Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts Coburg zeigt, dass auch schwerwiegende Verletzungen im Rahmen eines kämpferisch ausgetragenen Fußballspiels nicht notwendig zu einem Schaden­s­er­satz­an­spruch des verletzten Spielers führen. Unabhängig davon, dass der Kläger hier seiner Beweispflicht nicht ausreichend nachkommen konnte, macht das Urteil deutlich, dass der typische Einsatz von Kampf und Geschick­lichkeit beim Fußballspiel nicht selten zu unvermeidbaren Verletzungen führen kann. Es gelten deshalb weitgehende Haftungs­frei­stel­lungen zwischen den Spielern, die dazu führen, dass nicht jede im Spiel erlittene Verletzung eine Ausein­an­der­setzung über Schaden­s­er­satz­ansprüche nach sich ziehen können soll.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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