Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls kaufte im Jahr 2001 für 700.000 DM ein Haus vom späteren Beklagten. Im notariellen Kaufvertrag war eine Fläche von über 1.300 m² angegeben. Es wurde aber weder im Rahmen der Verkaufsverhandlungen noch bei der notariellen Beurkundung darauf hingewiesen, dass eine Teilfläche der Zufahrt mit entsprechender gärtnerischer Gestaltung von 36 m² sich auf einem benachbarten städtischen Grundstück befindet. Seit dem Bau des Hauses im Jahre 1976 hatte die Stadt Kenntnis von der Gestaltung der Zufahrt und duldete die Nutzung der 36 m². Im Jahr 2005 teilte die Stadt dem Kläger dann mit, dass sie die 36 m² für eine straßenmäßige Erschließungsmaßnahme benötige und daher die Zufahrt auf den 36 m² entfernt werden müsse. Die Stadt bot an, für die 36 m² ein Geh- und Fahrtrecht für die später zu asphaltierende Fläche zu Gunsten des Klägers eintragen zu lassen.
Der Kläger behauptete, der Beklagte hätte ihm die Grundstücksgrenzen arglistig verschwiegen. Ihm drohe die Umverlegung seiner Grundstückszufahrt, wofür Kosten in Höhe von über 17.000 Euro netto anfallen würden. Auch eine Garage könne er dann nicht mehr nutzen. Der Verkehrswert sinke aufgrund der unattraktiven Grundstückszufahrt mindestens um 40.000 Euro. Daher verlangte der Kläger zunächst über 17.000 Euro für die Verlegung der Grundstückszufahrt und wünschte die Feststellung, dass der Verkäufer ihm jeden weiteren Schaden aus der Umlegung der Hofeinfahrt zu ersetzen habe, wobei er von einer Größenordnung von etwa 50.000 Euro an zukünftigen Schäden ausging.
Der Beklagte verteidigte sich damit, dass er vergessen habe, den Kläger darauf hinzuweisen, dass 36 m² der Grundstückszufahrt der Stadt gehören. Aus dem amtlichen Lageplan hätte der Kläger aber den Grundstücksverlauf erkennen können.
Das Landgericht Coburg gab der Klage zwar statt, jedoch nur in Höhe von knapp über 3.000 Euro. Nach Ansicht des Gerichts hätte der Verkäufer von sich aus den Käufer darauf hinweisen müssen, dass sich 36 m² der Zufahrt auf fremden Grund befinden. Aufgrund der Grundstücksgestaltung habe sich für einen Kaufinteressenten der Eindruck aufgedrängt, dass diese Teilfläche zum Kaufgegenstand gehöre. Ein Überlassen von Plänen war angesichts der Grundstücksgestaltung nicht ausreichend.
Hinsichtlich des Schadens stellt das Gericht fest, dass der Käufer so gestellt werden müsse, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen. Greifbaren Anhalt für eine Überzahlung sah das Gericht lediglich darin, dass der Käufer meinte, in der Grundstücksfläche von über 1.300 m² seien auch die umstrittenen 36 m² der Zufahrt enthalten. Für die 36 m² Grundstücksfläche stellte das Gericht unter Zuhilfenahme einer Sachverständigen einen Wert im Jahr 2001 von knapp über 2.000 Euro fest. Diesen Wert erhöhte das Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände um 50 %. Dabei berücksichtigte es, dass die alleeartige Grundstücksgestaltung der Zufahrt aufgrund der teilweisen Beseitigung einer Hecke auf der linken Seite optisch beeinträchtigt wird. Diese optische Beeinträchtigung betreffe jedoch nur ankommende Personen. Aus dem Haus heraus sei dieser Teil der Hecke nicht sichtbar. Daneben stellte das Gericht fest, dass der Gebrauch der 36 m² für den Kläger auch in Zukunft gewährleistet sein wird, wenngleich neben ihm dann auch die Allgemeinheit die 36 m² benutzen kann.
Weitere Schäden konnte das Gericht nicht erkennen. Insbesondere sah es keine Notwendigkeit für eine Verlegung der Hofeinfahrt, weil der Kläger auch nach Durchführung der städtischen Straßenbaumaßnahmen die Teilfläche von 36 m² benutzen kann. Daher sprach das Gericht dem Kläger knapp über 3.000 Euro Schadenersatz zu, während er die Kosten des Verfahrens ganz überwiegend tragen musste.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.06.2011
Quelle: Landgericht Coburg/ra-online