21.11.2024
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Landgericht Coburg Urteil02.11.2010

LG Coburg zur Haftung des Anlage­ver­mittlers bei unplausibler Anlagemög­lichkeitAnlage­ver­mittler haftet bei Ausbleiben der Ausschüttungen oder Kapita­l­rü­ck­zahlung in Höhe der Anlagesumme

Das Landgericht Coburg verurteile einen Anlage­ver­mittler dazu, einem Kapitalanleger Schadenersatz in Höhe der Anlagesumme von über 100.000 Euro zu zahlen. Der Anlage­ver­mittler hatte eine Anlage bei einer ausländischen Gesellschaft vermittelt, die mit "bankinternen" Geschäften enorme Renditen versprochen, jedoch weder Ausschüttungen noch eine Rückzahlung des Anlagekapitals geleistet hatte.

Im zugrunde liegenden Streitfall bot der beklagte Anlage­ver­mittler dem Kläger im Jahr 2006 die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft an. Diese sollte sich am internationalen Handel mit "internen Bankin­stru­menten" unter strikter Geheimhaltung sowie Vertraulichkeit beteiligen. Der Öffentlichkeit werde die Existenz dieser internen Bankprodukte der Weltbanken verschwiegen. Über die ausländische Gesellschaft werde Privatanlegern aber nun eine Beteiligung hieran ermöglicht. Die Gesellschaft versprach bei einer Einlagesumme von 100.000 Euro eine Rendite von 350.000 Euro bei einer Anlagedauer von 15 bis 16 Monaten. Der Beklagte versicherte, Recherchen zu den beschriebenen Renditen sorgfältig und nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt zu haben. Im Vertrauen auf diese Informationen beteiligte sich der Kläger mit 100.000 Euro. Zu einer Ausschüttung oder einer Rückzahlung des Anlagekapitals kam es in der Folgezeit trotz mehrfacher Ankündigung nicht. Der "Chairman" der ausländischen Gesellschaft teilte dem Kläger schließlich mit, dass es bei dem Inves­ti­ti­o­ns­projekt Schwierigkeiten mit der Staats­an­walt­schaft Hamburg gegeben habe. Danach wurde der Chairman in anderer Sache inhaftiert.

Kläger äußert Zweifel an Existenz der offerierten Geschäfte

Der Kläger behauptet, die vom Beklagten offerierten Geschäfte gebe es gar nicht. Es existiere keine Geldanlage, die es bei 100 prozentiger Sicherheit ermögliche, in 15 bis 16 Monaten eine Rendite von 350 % zu erwirtschaften. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung seitens des beklagten Anlage­ver­mittlers hätte der Kläger sich nicht bei der ausländischen Gesellschaft beteiligt, sondern sein Kapital anderweitig sicher investiert.

Auszahlung angeblich nur aufgrund der Beschlagnahme der angelegten Gelder und Inhaftierung des "Chairmans" nicht möglich

Der Beklagte hat sich damit verteidigt, dass er dem Kläger lediglich die Anlage bei der ausländischen Gesellschaft korrekt vorgestellt und erläutert habe. Er habe sich die schriftlichen Informationen der ausländischen Gesellschaft zu Eigen gemacht ohne eigene Zusicherungen zu tätigen. Die getätigte Anlage sei auch 100 prozentig sicher. Die Einlage des Klägers sei auch noch vorhanden. Lediglich aufgrund der Beschlagnahme der angelegten Gelder durch die Staats­an­walt­schaft Hamburg und der Inhaftierung des "Chairmans" sei eine Auszahlung nicht möglich. Es bestünde kein Zweifel daran, dass dem Kläger der eingezahlte Betrag einschließlich der Zinsen zufließen werde, sobald die Beschlagnahme der Konten durch die Staats­an­walt­schaft Hamburg aufgehoben sei.

Anlage ist entweder 100 % sicher und nicht renditeträchtig oder renditeträchtig, dafür aber nicht sicher

Das Landgericht Coburg gab der Klage statt. Es stellte fest, dass der Beklagte jedenfalls als Anlage­ver­mittler tätig geworden ist. Damit war er verpflichtet, das vermittelte Anlagekonzept auf wirtschaftliche Plausibilität zu prüfen. Verschweigt er, dass die positive Beurteilung ausschließlich auf nicht überprüfbaren Informationen des Kapital­su­chenden beruht, handelt er schuldhaft. Das Gericht stellte fest, dass es Anlagen mit 100 % bzw. absoluter Sicherheit einerseits, sowie andererseits mit einer Rendite von namentlich 350 % in 15 bis 16 Monaten nicht gibt. Mit 100 prozentig sicheren Geldanlagen lassen sich lediglich viel geringere Renditen erwirtschaften. Umgekehrt sind solch hohe Renditen allenfalls durch hochspekulative Geschäfte zu erzielen. Die Behauptung, es finde ein Handel mit internationalen Bankin­stru­menten im Geheimen statt, konnte nicht belegt werden. Die Stellungnahmen, auf die sich der beklagte Anlage­ver­mittler bezog, nannten weder Quellen noch beteiligte Institutionen oder Personen. Die Verfasser der Stellungnahmen, auf die sich der Anlage­ver­mittler berief, waren ebenfalls im "Inter­ban­ken­ge­schäft" tätig und vor ihnen wurde in der Presse bereits gewarnt. Das Landgericht Coburg stellte fest, dass eine Anlage entweder 100 % sicher ist, dann ist sie aber nicht sehr renditeträchtig. Oder eine Anlage ist sehr renditeträchtig, dann ist sie aber nicht sicher.

Gericht spricht klagendem Anleger vollen Schadenersatz zu

Nach Auffassung des Gerichts prüfte der beklagte Anlage­ver­mittler die Angaben der ausländischen Gesellschaft nicht ausreichend auf wirtschaftliche Plausibilität. Das Landgericht stellte im Rahmen der Anhörung des Anlage­ver­mittlers eine geradezu erschreckende Unkenntnis über die von ihm vertriebene Kapitalanlage fest. Der Beklagte meinte, dass es sich bei der ausländischen Gesellschaft um eine Aktien­ge­sell­schaft nach deutschem Recht handele. Auch konnte er die Bankgeschäfte, mit denen die fantastische Rendite erzielt werden sollte, nicht einmal namentlich benennen. Daher sprach das Gericht dem klagenden Anleger vollen Schadenersatz zu, der im Gegenzug an seinen Anlage­ver­mittler die Anteilsscheine an der ausländischen Gesellschaft übertrug. Der Anlage­ver­mittler kann jetzt selbst versuchen, das eingesetzte Kapital von der ausländischen Gesellschaft bzw. ihrem inhaftierten "Chairman" wieder zu erlangen.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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