23.11.2024
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Sie sehen eine rote Rose, welche in einer Pfütze liegt.

Dokument-Nr. 1114

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Landgericht Coburg Urteil16.08.2000

Zur Möglichkeit des Erben, Geschenke des Erblassers von Dritten zurück­zu­ver­langen

Eine Erbschaft bedeutet nicht automatisch Reichtum – so mancher Erbe ist schon vom Wert des Nachlasses enttäuscht worden. Und hat sich vor allem darüber geärgert, dass der Erblasser in seinen letzten Jahren das Vermögen mit vollen Händen unter das Volk gebracht hatte.

Zwei Geschwister wollten nicht hinnehmen, dass ihr Vater einen wesentlichen Anteil seiner Pretiosen an seine Nichte (also die Cousine der Geschwister) weggegeben hatte. Sie klagten gegen die Cousine auf Rückübertragung. Und bekamen vor dem Landgericht Coburg Recht. Denn: der Vater hatte mit der – früher verstorbenen - Mutter einen Erbvertrag abgeschlossen, in dem die beiden als Erben des zuletzt Sterbenden ihre Kinder bestimmt hatten. Mit der Zuwendung an seine Nichte habe der Vater eine „beein­träch­tigende Schenkung“ vorgenommen, die nun rückgängig zu machen sei, befand das Landgericht.

Sachverhalt

Die Eltern der klagenden Geschwister hatten ein sogenanntes Berliner Testament beurkunden lassen: sie bestimmten sich gegenseitig als Alleinerben, die beiden gemeinsamen Kinder sollten „Schlusserben“ sein (also den „Letzt­vers­ter­benden“ beerben). Nachdem seine Ehefrau verstorben war, zeigte sich der Vater – gegenüber Dritten – großzügig: als Begünstigte seiner Lebens­ver­si­che­rungen setzte er seine Schwester ein (die dann rund 100.000,- DM bekam), Hausgrundstücke verschenkte er an entferntere Verwandtschaft. Und die Nichte erhielt per notarieller Schen­kungs­urkunde Vermö­gens­ge­gen­stände (inkl. eines Grundstücks) im Gesamtwert von ca. 170.000.- übertragen – die die beiden Kläger nun zurückwollten. Der Vater habe nämlich mit dem Ziel gehandelt, ihr Erbe möglichst zu verringern. Die beklagte Cousine entgegnete, sie habe doch ihrem Wohltäter im Gegenzug (nicht notariell) Wart und Pflege versprochen. Es liege also keine Schenkung vor.

Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Coburg entsprach voll dem Antrag der beiden Kläger. Die Richter führten aus, es müsse nicht geklärt werden, ob die Behauptung der Beklagten zutreffe, sie habe für die zugewandten Gegenstände eine Gegenleistung versprochen. Wenn dies der Fall sei, sei die Übertragung formunwirksam und nichtig – denn dann sei der notarielle Vertrag unrichtig. Habe es sich hingegen tatsächlich um eine Schenkung gehandelt, so könne diese ebenfalls keinen Bestand haben. Der Vater habe dann nämlich in unzulässiger „Beein­träch­ti­gungs­absicht“ gehandelt - die immer anzunehmen sei, wenn der Erblasser durch sein Vorgehen den Schlusserben die Vorteile der Erbeinsetzung entziehen oder schmälern wolle. Aufgrund der Vielzahl und des Umfanges der unentgeltlichen Verfügungen liege das Fehlen eines sogenannten lebzeitigen Eigeninteresses des Vaters an der Schenkung – und damit die Beein­träch­ti­gungs­absicht - so klar auf der Hand, dass sich weitere Ausführungen erübrigten.

Zur Rechtslage

Mit dem „Berliner Testament“ gehen Ehegatten in der Regel gegenseitig die Verpflichtung ein, dass eine oder mehrere bestimmte Person(en) – meist gemeinsame Kinder – am Ende erben soll (Schlusserben). Und daran sind sie anschließend auch gebunden. Insbesondere wenn einer stirbt, kann es sich der länger Lebende nicht einfach anders überlegen und einen anderen Erben einsetzen. Die Schlusserben bekommen allerdings nur das, was beim Tod des letzten Elternteiles noch vorhanden ist. Damit nun der länger lebende Ehegatte das Berliner Testament nicht quasi durch die Hintertüre aushebeln und alles verschenken kann, hat der Gesetzgeber Vorsorge getroffen – „beein­träch­tigende Schenkungen“ können die Schlusserben rückgängig machen lassen. Voraussetzung: der Verschenkende hatte nicht ein berechtigtes Interesse daran, die Schenkung vorzunehmen (z. B. um seine Altersvorsorge zu verbessern oder seine neue Ehefrau zwecks Betreuung und Pflege im Alter an sich zu binden). Und: die/ der Beschenkte hat das Geschenkte nicht seinerseits „durchgebracht“.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten

§ 2269 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Berliner Testament]:

(1) Haben die Ehegatten in einem gemein­schaft­lichen Testamente, durch das sie sich gegenseitig als Erben einsetzen, bestimmt, dass nach dem Tode des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten fallen soll, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Dritte für den gesamten Nachlass als Erbe des zuletzt versterbenden Ehegatten eingesetzt ist.

(2) ...

§ 2287 BGB [Beein­träch­tigende Schenkungen]:

(1) Hat der Erblasser in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht, so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerecht­fer­tigten Bereicherung fordern.

(2) Der Anspruch verjährt in drei Jahren von dem Anfalle der Erbschaft an.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 58 des LG Coburg vom 22.01.2001

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