Im zugrunde liegenden Fall wurde auf dem Nachbargrundstück ein Neubau errichtet. Zuvor hatte dort ein kleines Haus gestanden. Nach Fertigstellung des Neubaus musste der Mieter feststellen, dass von dem Neubau Einblick in sein Bad-, den Schlaf- und den Wohnraum möglich war.
Außerdem ärgerte sich der Mieter, dass die Mieter der anderen auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäude mit ihren Kraftfahrzeugen mit überhöhter Geschwindigkeit von dem Parkplatz über den unmittelbar neben dem Wohnhaus der Beklagten verlaufenden Zufahrtsweg zur Straße fahren und damit die Personen gefährden, die aus der Haustür heraustreten und danach unmittelbar den Zufahrtsweg betreten. Der Mieter sah es als Mangel an, dass keine Bodenschwellen eingebaut worden waren, die die Geschwindigkeit der Fahrzeuge bremsen würde.
Er verlangte wegen der Mängel eine Mietminderung vom Vermieter. Das Landgericht Berlin gab dem Mieter aber nur teilweise Recht.
Der Mieter dürfe wegen der Tatsache, dass nach Fertigstellung des Neubaus von sechs Stadtvillen auf dem Nachbargrundstück eine Einsicht von diesen Gebäuden in seinen Bad-, den Schlaf- und den Wohnraum möglich ist, die Miete mindern. Der Mieter habe diese Tatsache durch Fotos anschaulich verdeutlicht. Aus den vorgelegten Fotografien sei erkenntlich, dass sich das Nachbargebäude wenige Meter von der Wohnung entfernt befindet und die Fenster dieses Gebäudes zum Teil höher liegen, so dass aus diesen eine schräge Sicht von oben in die Räumlichkeiten, so zum Teil in das Badezimmer möglich ist. Es liege auf der Hand, dass derartige Sichtverhältnisse einen Mieter unzumutbar in seiner ungezwungenen Lebensführung beeinträchtigen und daher einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB darstellen, stellte das Landgericht Berlin fest.
Der Mangel könne nicht mit dem Argument verneint werden, dass ein Mieter unter großstädtischen Verhältnissen immer damit rechnen müsse, dass ein Nachbargrundstück bebaut werde und er deshalb mit einer Beeinträchtigung der Sichtverhältnisse rechnen müsse. Denn hier sei die Besonderheit gegeben, dass sich vorher auf dem Nachbargrundstück ein kleines Haus befunden hat, von dem aus ein Einblick in die im zweiten Obergeschoss gelegene Wohnung nicht möglich war. Ein Mieter müsse bei Vertragsschluss nicht damit rechnen, dass ein Haus abgerissen wird und an dessen Stelle ein anderes Gebäude errichtet wird, von dem aus unmittelbare und ungehemmte Blicke in seine alltäglichen Lebensgewohnheiten möglich sind, führte das Landgericht Berlin aus.
Die Tatsache, dass die Mieter der anderen auf dem Grundstück befindlichen Wohngebäude mit ihren Kraftfahrzeugen mit überhöhter Geschwindigkeit von dem Parkplatz über den unmittelbar neben dem Wohnhaus der Beklagten verlaufenden Zufahrtsweg zur Straße fahren und damit nach Vortrag der Beklagten die Personen gefährden, die aus der Haustür heraustreten und danach unmittelbar den Zufahrtsweg betreten, rechtfertige keine Minderung. Hierbei handele es sich um keinen erheblichen Mangel, § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB, stellte das Landgericht Berlin fest.
Die räumliche Situation des unmittelbar neben dem Wohnhaus in einem anhand der eingereichten Fotografie geschätzten Abstand von 1,50 m verlaufenden Zufahrtsweg habe schon seit Abschluss des Mietvertrages bestanden und sei dem Mieter daher von Anfang an bekannt gewesen. Daher könne der Mieter keine Minderung gemäß § 539 BGB herleiten, ungeachtet der Frage, ob eine derartige Konstruktion überhaupt einen Mangel im Sinne des § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle.
Das Verhalten von rücksichtslosen Mitmietern könne sicherlich nicht hingenommen werden und es sei Aufgabe des Vermieters, diese zu einem rücksichtsvollen Verhalten aufzufordern, wenn ihnen konkrete Vorkommnisse gemeldet werden. Der mögliche Gefährdungszustand verwirkliche sich aber immer nur in dem Moment, wo ein Mieter die Haustür verlasse und ein Fahrzeug sich auf dem Zufahrtsweg nähere. Es handele sich dabei um einen kurzen Moment von ein oder zwei Sekunden, der eben keine für Mängel übliche Dauerbeeinträchtigung darstellt. Aus eben diesem Grunde könne auch das Fehlen von Bodenschwellen, die die Geschwindigkeit der Fahrzeuge bremsen sollen, nicht als Mangel angesehen werden, urteilte das Landgericht Berlin.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.04.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Berlin (vt/pt)