21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil13.01.2010

Werkbankfall: Nicht jede eigenmächtige Mitnahme von Arbeit­ge­be­rei­gentum rechtfertigt Kündigung des Arbeits­ver­hält­nissesEigen­mäch­tigkeit des Arbeitnehmers führt nicht zu Entreicherung des Arbeitgebers

Nicht jede eigenmächtige Wegnahme von Arbeit­ge­be­rei­gentum rechtfertigt eine Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein.

Im Betrieb des beklagten Arbeitgebers aus der metall­ver­a­r­bei­tenden Industrie wurden 2007 30 Jahre alte aus Holz und Metall bestehende Werkbänke ausgesondert und durch neue ersetzt. Die alten Werkbänke wurden den Mitarbeitern ohne Erfolg angeboten und dann zur Entsorgung jahrelang zwischen­ge­lagert. Beim klagenden Arbeitnehmer (40 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, seit mehr als 12 Jahren im Betrieb) ergab sich im ersten Quartal 2009 eine private Nutzungs­mög­lichkeit für einen Teil einer solchen alten Werkbank. Er meldete entsprechenden Bedarf beim Vorgesetzten und beim die Kaffeekasse führenden Betrie­bs­rats­vor­sit­zenden an, wobei der Inhalt der Gespräche umstritten ist. An einem Freita­g­nach­mittag lud der klagende Arbeitnehmer für alle sichtbar den von ihm benötigten Teil der Werkbank in den Anhänger seines privaten PKWs und wurde dabei von der Geschäfts­leitung beobachtet und zur Rede gestellt. Der Arbeitgeber hat den Vorgang zum Anlass genommen, das Arbeits­ver­hältnis fristlos, hilfsweise ordentlich zu kündigen.

Abmahnung wäre ausreichend gewesen

Das Landes­a­r­beits­gericht sah ebenso wie bereits das Arbeitsgericht Elmshorn keinen ausreichenden Kündigungsgrund: Danach können zwar grundsätzlich unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts zu Lasten des Arbeitgebers begangene Vermö­gens­delikte eine fristlose Kündigung rechtfertigen, selbst wenn es sich um Sachen von geringem Wert handelt. Stets ist aber eine Einzel­fa­ll­ab­wägung erforderlich, die hier zu Gunsten des klagenden Arbeitnehmers ausgeht. Eine Abmahnung hätte hier ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten Arbeit­neh­mer­ver­haltens auszuschließen.

LAG erkennt eine auf Korrektheit und Ehrlichkeit ausgerichtete Grundhaltung des Klägers an

Bei der Abgabe von ausgesonderten Gegenständen an Mitarbeiter erkannte das Landes­a­r­beits­gericht beim Arbeitgeber keine stringente Handhabung in der gelebten Praxis. Der Arbeitnehmer hat aus Sicht des Gerichts völlig offen eben diesen Weg der gelebten Praxis eingeschlagen und das Werkbankteil vor den Augen aller mitgenommen. Damit beging er zwar eine Eigen­mäch­tigkeit, wollte aber keine Bereicherung und auch keine rechtswidrige Entreicherung des Arbeitgebers. Das Gericht berücksichtigte weiter, dass dem Arbeitgeber wirtschaftlich kein Schaden entstehen konnte, da das vom klagenden Arbeitnehmer aufgeladene Teil aus Sicht des Arbeitgebers wertloser störender Müll war und erst wieder einen Wert bekam, als es auf dem Hänger des Arbeitnehmers gesehen wurde. Die sofortige Rückgabe des Werkbankteils, die Beschreitung des offiziellen Geneh­mi­gungsweges und das Fehlen jeglicher Heimlichtuerei wertete das Gericht als Ausdruck einer auf Korrektheit und Ehrlichkeit ausgerichteten Grundhaltung des Klägers.

Quelle: ra-online, LAG Schleswig-Holstein

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