03.12.2024
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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil24.01.2017

Grobe Beleidigung rechtfertigt auch im langjährigen Arbeits­ver­hältnis fristlose KündigungFortsetzen des Arbeits­verhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist für kleinen Familienbetrieb nicht zumutbar

Wer seinen Chef als "(soziales) Arschloch" bezeichnet, muss damit rechnen, dass er hierfür die Kündigung erhält. Eine solche Beleidigung des Geschäfts­führers kann auch in einem langjährigen Arbeits­ver­hältnis in einem famili­en­ge­führten Kleinbetrieb ohne vorherige Abmahnung die außer­or­dentliche Kündigung rechtfertigen. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein entschieden.

Der 62 Jahre alte Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens war in der Nähe von Hamburg bei einem kleinen Gas- und Wasser­in­sta­l­la­teur­betrieb beschäftigt. Neben den Geschäfts­führern arbeiteten dort noch deren Mutter im Büro sowie drei Gesellen. Am 15. Februar 2016 kam es zu einem Wortwechsel zwischen dem Kläger und dem Vater der Geschäftsführer, der früher den Betrieb geführt hatte. Ob dieser auf eine Frage etwas sarkastisch reagiert hat, ist streitig. Der Kläger verließ grußlos den Raum. Dabei hörte er, wie der eine Geschäftsführer das sinngemäß mit den Worten kommentierte: "Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?" Am nächsten Morgen kehrte der Kläger in das Büro zurück. Er äußerte in einem gereizten Wortwechsel mit den Geschäfts­führern, dass der Geschäftsführer F. B. gerne den Chef raushängen lasse und dass sich dessen Vater ihm gegenüber wie ein "Arsch" benommen habe. Der Geschäftsführer sei auf dem besten Wege, seinem Vater den Rang abzulaufen. Auf die Worte des Klägers: "Dann kündigt mich doch." erwiderte der Geschäftsführer: "Damit wir dann als soziale Arschlöcher dastehen." Der Kläger gab zur Antwort, dass die Firma dies sowieso schon sei. Nach dem Gespräch arbeitete der Kläger zunächst noch weiter und wurde abends für drei Tage von der Arbeit freigestellt. Als sich der Kläger auch dann noch nicht entschuldigt hatte, kündigte der Arbeitgeber fristlos, hilfsweise ordentlich.

Kündi­gungs­schutzklage bleibt erfolglos

Der Kläger wandte sich mit seiner Kündi­gungs­schutzklage gegen diese Kündigung. Seine Äußerungen seien durch die Meinungs­freiheit gedeckt. Er habe aus einem Affekt heraus gehandelt und sei durch den Geschäftsführer sowie dessen Vater provoziert worden.

Äußerungen des Geschäfts­führers und des Vaters können nicht als Provokation angesehen werden

Die Klage war sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landes­a­r­beits­gericht Schleswig-Holstein erfolglos. Bei groben Beleidigungen könne sich ein Arbeitnehmer nicht auf sein Recht auf freie Meinung­s­äu­ßerung berufen, so das Gericht. Die Äußerungen des Geschäfts­führers und des Vaters stellen keine Provokationen dar. Von besonderem Gewicht sei die 16-stündige Zeitspanne zwischen den beiden Gesprächen, die eine Affekthandlung ausschließt. Einer Abmahnung bedurfte es hier gerade wegen der fehlenden Entschuldigung und der auch noch in der Berufungs­ver­handlung fehlenden Einsicht des Klägers, sich gegenüber dem Arbeitgeber falsch verhalten zu haben, nicht. Laut Gericht sei es der Beklagten als kleinem Familienbetrieb nicht zuzumuten, das über 23 Jahre andauernde Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (30. September 2016) fortzusetzen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein/ra-online

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