21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Mainz Urteil22.01.2015

Beleidigende Äußerungen über Vorgesetzte innerhalb von vertraulichen Kolle­gen­ge­sprächen rechtfertigen regelmäßig keine KündigungArbeitnehmer darf auf Vertraulichkeit des Gesprächs vertrauen

Beleidigt ein Arbeitnehmer innerhalb eines vertraulichen Gesprächs unter Kollegen seinen Vorgesetzten, so rechtfertigt dies regelmäßig weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung. Denn ein Arbeitnehmer darf auf die Vertraulichkeit des Gesprächs vertrauen. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Mainz entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Mai 2014 bezeichnete ein Oberarzt seinen vorgesetzten Chefarzt innerhalb einer SMS-Kommunikation mit einer Arbeitskollegin als "autistisches krankes Arschloch". Die Kollegin setzte den Chefarzt von der Äußerung in Kenntnis, woraufhin der Oberarzt ordentlich gekündigt wurde. Dieser hielt die Kündigung für unwirksam. Denn er habe darauf vertrauen dürfen, dass die Kollegin seine Äußerung nicht weitergibt. Dies habe insbesondere in Anbetracht dessen gegolten, dass er mit der Kollegin eine eheähnliche Beziehung geführt hatte und sie ihm angesichts von Meinungs­ver­schie­den­heiten auf der Arbeit erklärt habe, sie werde nichts tun, um ihn zu schaden. Der gekündigte Oberarzt erhob daher Kündi­gungs­schutzklage. Das Arbeitsgericht Trier folgte der Argumentation des Oberarztes und hielt die ordentliche Kündigung daher für unwirksam. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Arbeitgeberin.

Grobe Beleidigungen rechtfertigen grundsätzlich Kündigung des Arbeits­ver­hält­nisses

Das Landes­a­r­beits­gericht Mainz führte zum Fall zunächst aus, dass grobe Beleidigungen eines Arbeitnehmers gegenüber seinem Vorgesetzten grundsätzlich eine fristlose oder ordentliche Kündigung rechtfertigen. Denn dadurch verletzte der Arbeitnehmer seine arbeits­ver­trag­lichen Rücksichts­nah­me­pflichten in erheblicher Weise. Die Bezeichnung eines Vorgesetzten als "autistisches krankes Arschloch" sei auch als grobe Beleidigung zu werten.

Unwirksamkeit der Kündigung aufgrund Beleidigung innerhalb eines vertraulichen Kolle­gen­ge­sprächs

Die ordentliche Kündigung sei trotz der groben Beleidigung nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts unwirksam gewesen. Denn diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte innerhalb von vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen rechtfertigen weder eine fristlose noch eine ordentliche Kündigung. Vertrauliche Äußerungen unterliegen dem Schutz durch das allgemeine Persön­lich­keitsrecht. Ein Arbeitnehmer dürfe darauf vertrauen, dass seine Äußerungen nicht nach außen getragen und somit weder der Betriebsfrieden noch das Vertrau­ens­ver­hältnis gestört werden. So habe der Fall auch hier gelegen.

Weitergabe der Äußerungen durch Kollegin unerheblich

Für den Vertrauensschutz spiele es keine Rolle, so dass Landes­a­r­beits­gericht, ob der Kollege später die Vertraulichkeit des Gesprächs aufhebt und die Äußerungen weiterleitet. Eine solche Weitergabe gehe nicht zu Lasten des Arbeitnehmers. Somit sei in der Äußerung des Oberarztes keine Pflicht­ver­letzung zu sehen gewesen. Der Betriebsfrieden oder das Vertrau­ens­ver­hältnis sei nicht durch die Äußerung an sich gestört worden, sondern durch die Missachtung der Vertraulichkeit durch die Kollegin. Diese habe sich in einer für den Oberarzt unerwarteten Weise indiskret verhalten.

Quelle: Landesarbeitsgericht Mainz, ra-online (vt/rb)

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