21.11.2024
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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil23.08.2011

Abmahnung für "beschissenes Wochenende" oder "Scheiss­wo­chenende" rechtmäßigArbeitnehmer muss ein Mindestmaß an Respekt wahren

Ein Arbeitnehmer, der einem Vorgesetzten ein "beschissenes Wochenende" oder "Scheiss­wo­chenende" wünscht, kann vom Arbeitgeber hierfür zurecht abgemahnt werden. Ob die Äußerungen strafrechtlich als Beleidigung zu werten sind, ist für die Rechtmäßigkeit der Abmahnung unerheblich. Das stellte das Landes­a­r­beits­gericht Rheinland-Pfalz fest.

Im zugrunde liegenden Fall erhielt ein Arbeitnehmer zwei Abmahnungen, weil er einem Meister ein "Scheiss­wo­chenende" und einem anderen Meister ein "beschissenes Wochenende" wünschte. Die Abmahnungen hatten folgenden Inhalt:

Sehr geehrter Herr C.,

in vorbezeichneter Angelegenheit vertreten wir die rechtlichen Interessen Ihrer Arbeitgeberin, der A., A-Straße, A-Stadt. Eine uns legitimierende Vollmacht ist im Original beigefügt.

Sie sind bei der A. beschäftigt als Schichtführer an der Kolleranlage.

Am 26.03.2010 haben Sie gegen 14.15 Uhr das Betriebsgelände in K. verlassen. Im Bereich des Treppenhauses begegnete Ihnen der Meister, Herr P.. Sinngemäß erklärten Sie gegenüber Herrn P., Sie wünschten ihm ein "Scheiss­wo­chenende".

Herr P. hatte sich daraufhin bei dem technischen Leiter des Betriebes, Herrn Sch., beschwert.

Zu Ihren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gehört auch der respektvolle und wertschätzende Umgang mit den Arbeitskollegen, insbesondere den vorgesetzten Meistern, hier des Herrn P..

Indem Sie dem Meister P. ein "Scheiss­wo­chenende" gewünscht haben, haben Sie gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Sie werden deshalb hiermit abgemahnt.

Sollte sich eine derartige oder ähnliche Pflicht­ver­letzung wiederholen sehen wir uns leider gezwungen, Ihr Arbeits­ver­hältnis zu kündigen."

und

Sehr geehrter Herr C.,

in vorbezeichneter Angelegenheit vertreten wir die rechtlichen Interessen Ihrer Arbeitgeberin, der A., A-Straße, A-Stadt. Eine uns legitimierende Vollmacht ist im Original beigefügt.

Sie sind bei der A. beschäftigt als Schichtführer an der Kolleranlage. Am 26.03.2010 haben Sie gegen 14.15 Uhr das Betriebsgelände in K. verlassen. Sie begegneten dem Meister, Herrn R., der am Siloturm arbeitete. Sinngemäß erklärten Sie gegenüber Herrn R., Sie wünschten ihm ein "beschissenes Wochenende".

Herr R. hatte sich daraufhin bei dem technischen Leiter des Betriebes, Herrn Sch. beschwert.

Zu Ihren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gehört auch der respektvolle und wertschätzende Umgang mit den Arbeitskollegen, insbesondere den vorgesetzten Meistern, hier des Herrn R..

Indem Sie dem Meister R. ein "beschissenes Wochenende" gewünscht haben, haben Sie gegen die Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Sie werden deshalb hiermit abgemahnt.

Sollte sich eine derartige oder ähnliche Pflicht­ver­letzung wiederholen sehen wir uns leider gezwungen, Ihr Arbeits­ver­hältnis zu kündigen."

Arbeitnehmer klagt gegen die Abmahnungen

Der Arbeitnehmer, der zugleich Vorsitzender des siebenköpfigen Betriebsrats beim Arbeitgeber ist, verlangte daraufhin die Entfernung der Abmahnungen aus seiner Personalakte und verklagte diesbezüglich seinen Arbeitgeber.

Das Landes­a­r­beits­gericht Rheinland-Pfalz wies das Begehren des Arbeitnehmers ab. Die Abmahnungen seien rechtmäßig erfolgt. Daher könne der Arbeitnehmer hier nicht die Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte verlangen.

LAG zur Anspruchs­grundlage für Entfernung von zu Unrecht erteilten Abmahnungen

Das Landes­a­r­beits­gericht führte aus, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundes­a­r­beits­ge­richts (vgl. BAG 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842 und BAG 22. Februar 2001 - 6 AZR 398/99 -) der Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung der §§ 242, 1004 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte verlangen könne.

Warnfunktion der Abmahnung

Bei der Abmahnung, die nunmehr in § 314 Abs. 2 BGB gesetzlich verankert worden sei, handele es sich um die Ausübung eines arbeits­ver­trag­lichen Gläubigerrechts durch den Arbeitgeber. Als Gläubiger der Arbeitsleistung weise er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rügefunktion). Zugleich fordere er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündige, wenn ihm dies angebracht erscheine, indivi­du­a­l­rechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflicht­ver­letzung an (Warnfunktion) (BAG 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842) .

LAG zeigt die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Entfernung einer Abmahnung auf

Eine solche missbilligende Äußerung des Arbeitgebers in Form einer Abmahnung sei geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persön­lich­keitsrecht zu beeinträchtigen. Deshalb könne der Arbeitnehmer die Beseitigung dieser Beein­träch­tigung verlangen, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, unrichtige Tatsa­chen­be­haup­tungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit verletzt, kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht oder wenn die Abmahnung statt eines konkret bezeichneten Fehlverhaltens nur pauschale Vorwürfe enthält(BAG 27. November 2008 - 2 AZR 675/07 - NZA 2009, 842).

Keine der Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf Entfernung der Abmahnungen seien hier erfüllt, stelle das LAG fest.

Die Abmahnungen enthielten keine unrichtigen Tatsa­chen­be­haup­tungen. Das dem Kläger in den Abmahnungen jeweils vorgeworfene (Fehl-)Verhalten ist jeweils hinreichend konkret bezeichnet und in tatsächlicher Hinsicht unstreitig. Die Beklagte habe in den Abmahnungen das beanstandete Verhalten des Klägers jeweils rechtlich zutreffend als Verletzung seiner arbeits­ver­trag­lichen Pflichten bewertet. Die in den Abmahnungen beanstandeten Äußerungen des Klägers gegenüber den beiden Meistern stellen arbeits­ver­tragliche (Neben-) Pflicht­ver­let­zungen dar.

Unangemessene und respektlose Äußerungen

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich um unangemessene und respektlose Äußerungen gegenüber den beiden Meistern handelt, die nicht zu akzeptieren sind. Damit hat der Kläger gegen die ihm nach § 241 Abs. 2 BGB obliegende Rücksicht­nah­me­pflicht verstoßen, die zumindest auch umfasst, dass sich jeder Mitarbeiter gegenüber seinen Arbeitskollegen und insbesondere auch seinen Vorgesetzten mit einem gewissen (Mindest-)Maß an Respekt verhält.

Strafrechtliche Bewertung der Äußerung ist unbeachtlich für Abmahnung

Hingegen kommt es auf eine strafrechtliche Bewertung der Äußerung des Klägers nicht an. Unerheblich ist auch, ob und inwieweit sich der Kläger in einer angespannten Situation im Zusammenhang mit den in der Verladung angeordneten Überstunden befunden hat. Auch dann war er jedenfalls zu derartigen Äußerungen unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berechtigt.

Quelle: ra-online, Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

der Leitsatz

§ 241 Abs. 2 BGB (rao)

Arbeitnehmer müssen ihren Vorgesetzten gegenüber ein Mindestmaß an Respekt walten lassen. Unangemessene und respektlose Äußerungen wie "Scheiss­wo­chenende" oder "Beschissenes Wochenende muss ein Vorgesetzter nicht akzeptieren (Rücksicht­nah­me­pflicht).

Bei der Beurteilung über die Rechtmäßigkeit der Erteilung einer Abmahnung ist es unbeachtlich, inwieweit die Äußerungen strafrechtlich relevant sind.

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