18.10.2024
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Dokument-Nr. 32024

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Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil21.07.2022

Schadensersatz wegen diskri­mi­nie­render Stellenanzeige in Ebay-KleinanzeigenEntschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern angemessen

Wer sich auf eine Stellenanzeige im Internetportal "Ebay-Kleinanzeigen" über die dortige Chat-Funktion bewirbt, genießt den Status eines Bewerbers. Das Einreichen weiterer Unterlagen ist nicht erforderlich. Angesichts des Anzeigentextes und der Antwort der Arbeitgeberin im Chat war klar, dass der Kläger aufgrund seines Geschlechts benachteiligt worden ist. Deshalb steht ihm eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Bruttomonats-gehältern zu. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Schleswig-Holstein entschieden und damit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Elmshorn abgeändert, die dem Kläger keinen Bewerberstatus eingeräumt und damit auch keine Entschädigung zugesprochen hatte.

Der in Nordrhein-Westphalen wohnende Kläger hatte sich auf die in Ebay-Kleinanzeigen veröffentliche Stellenanzeige des im Kreis Steinburg ansässigen Unternehmens beworben. In dessen Anzeige heißt es wörtlich: "Sekretärin gesucht! Beschreibung: Wir suchen eine Sekretärin ab sofort. Vollzeit/Teilzeit Es wäre super, wenn sie Erfahrung mitbringen. …" Der Kläger antwortete dem Unternehmen über die Chat-Funktion u.a. mit folgenden Worten: "Hallo, ich habe gerade auf Ebay Kleinanzeigen ihre Stelle­n­aus­schreibung gefunden, womit Sie eine Sekretärin suchen. Ich suche derzeit eine neue Wohnung im Umkreis und habe Interesse an Ihrer Stelle. Ich habe Berufserfahrung im Büro und kenne mich mit Word und Excel und Gesetzen gut aus. Lieferscheine und Rechnungen kann ich auch schreiben und sonst typische Arbeiten einer Sekretärin, die sie fordern. Ich bewerbe mich hiermit auf ihrer Stelle. …" Das Unternehmen antwortete schließlich mit folgenden Worten: "…vielen Dank für Interesse in unserem Hause. Wir suchen eine Dame als Sekretärin. Wir wünschen Ihnen alles Gute Vielen Dank. …" Der Kläger machte gegenüber dem Unternehmen eine Entschädigung von drei Brutto­mo­nats­ge­hältern geltend und war damit vor dem Landes­a­r­beits­gericht erfolgreich.

LAG: AGG findet auch bei Bewerbung per Chat Anwendung

Das Landes­a­r­beits­gericht hält den für die Geltendmachung von Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG erforderlichen Bewerberstatus für gegeben. Wer eine Stellenanzeige in Ebay Kleinanzeigen veröffentlicht, muss damit rechnen, dass sich die Bewerber über die Ebay-Kleinanzeigen-Chatfunktion bewerben und nicht auf klassische Weise schriftlich unter Beifügung von Bewer­bungs­un­terlagen. Ein inhaltliches Mindestmaß an Angaben zur Person des Bewerbers wird gesetzlich nicht gefordert. Die Person des Bewerbers muss identifizierbar sein.

Keine rechts­miss­bräuchliche Bewerbung

Die Bewerbung des Klägers war nicht rechts­miss­bräuchlich. An eine solche Annahme werden hohe Anforderungen gestellt: Es müssen im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, die ausnahmsweise den Schluss auf ein rechts­miss­bräuch­liches Verhalten rechtfertigen. Das von der Beklagten Vorgetragene reichte dafür nicht aus. Im Hamburger Umland ist unter Beachtung der laufenden Stellenangebote für eine Sekretärin in Vollzeit ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von EUR 2.700,00 zu zahlen, sodass die Klage in Höhe von EUR 7.800,00 (drei Gehälter á EUR 2.600,00) nicht überzogen war. Die Revision ist nicht zugelassen worden.

Quelle: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, ra-online (pm/ab)

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