18.10.2024
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Dokument-Nr. 17864

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Landesarbeitsgericht München Beschluss13.02.2014

Betriebsrat hat Mitbe­stim­mungsrecht bei Durchführung von formalisierten Kranken­rück­kehr­gesprächenKranken­rück­kehr­gespräche verletzen Privatsphäre der Arbeitnehmer

Führt ein Arbeitgeber nach bestimmten Regeln mit mehreren Arbeitnehmern formalisierte Kranken­rück­kehr­gespräche durch, so steht dem Betriebsrat ein Mitbe­stim­mungsrecht zu. Insofern ist zu beachten, dass solche Gespräche die Privatsphäre des Arbeitnehmers verletzen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gerichts München hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Arbeitgeberin führte nach krank­heits­be­dingter Abwesenheit mit ihren Arbeitnehmern sogenannte "Welcome-Back-Gespräche" durch. Die Krankenrückkehrgespräche dienten vor allem dazu ein Krankfeiern der Arbeitnehmer zu verhindern. Der Betriebsrat war der Meinung die Gespräche seien mitbestimmungspflichtig. Da die Arbeitgeberin dies anders sah, kam der Fall vor Gericht. Nachdem das Arbeitsgericht München ein Mitbe­stim­mungsrecht des Betriebsrats an den Kranken­rü­ck­kehr­ge­sprächen verneinte, musste sich das Landes­a­r­beits­gericht München mit dem Fall beschäftigen.

Mitbe­stim­mungsrecht des Betriebsrats bestand

Das Landes­a­r­beits­gericht München entschied zu Gunsten des Betriebsrats und hob daher das erstin­sta­nzliche Urteil auf. Diesem habe ein Mitbe­stim­mungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 Betrie­bs­ver­fas­sungs­gesetz zugestanden. Danach habe ein Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Lediglich Anordnungen, die die Arbeitspflicht der Arbeitnehmer konkretisieren (sog. Direktionsrecht des Arbeitgebers), seien nicht vom Mitbe­stim­mungsrecht umfasst. Darum sei es hier aber nicht gegangen.

Kranken­rü­ck­kehr­ge­spräche betrafen Ordnung des Betriebs und Verhalten der Arbeitnehmer

Die Kranken­rü­ck­kehr­ge­spräche haben nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts die Ordnung des Betriebs und das Verhalten der Arbeitnehmer betroffen. Es sei zu berücksichtigen gewesen, dass durch die Gespräche die Privatsphäre sowie das allgemeine Persön­lich­keitsrecht der Arbeitnehmer verletzt wurde. Es sei zu einer Druck- bzw. Zwangssituation gekommen, da die Kranken­rü­ck­kehr­ge­spräche der Vorbereitung konkreter Perso­nal­maß­nahmen, wie etwa einer Kündigung, dienten. Die Arbeitnehmer seien daher schutzbedürftig gewesen. Diesen Schutz solle das Mitbe­stim­mungsrecht bezwecken.

Vorliegen formalisierter Kranken­ge­spräche

Nach einer Entscheidung des Bundes­a­r­beits­ge­richts habe der Betriebsrat jedoch nur bei formalisierten Kranken­rü­ck­kehr­ge­sprächen ein Mitbe­stim­mungsrecht, so das Landes­a­r­beits­gericht weiter. Dazu sei es erforderlich, dass die Auswahl der zu den Gesprächen herangezogene Arbeitnehmer nach einer bestimmten Regel erfolge und das Verfahren durch den gleichförmigen Ablauf formalisiert ist (BAG, Beschl. v. 08.11.1994 - 1 ABR 22/94 = NZA 1995, 857). Dies sei hier der Fall gewesen.

Einzel­fa­ll­be­zogene Kranken­rü­ck­kehr­ge­spräche ebenfalls mitbe­stim­mungs­pflichtig

Das Landes­a­r­beits­gericht wies zudem daraufhin, dass selbst einzel­fa­ll­be­zogene Kranken­rü­ck­kehr­ge­spräche der Mitbe­stim­mungs­pflicht des Betriebsrats unterlegen hätten. Denn dann wäre die Auswahl der Arbeitnehmer willkürlich gewesen. So habe ein Arbeitnehmer der für längere Zeit krank­ge­schrieben war, dem Gespräch entgehen können. Dies habe dem Gerech­tig­keits­ge­danken widersprochen.

Quelle: Landesarbeitsgericht München, ra-online (vt/rb)

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