18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil20.04.2011

LAG Hamm: Kündigung eines Call-Center-Mitarbeiters wegen Verwendung der telefonischen Abschiedsformel „Jesus hat Sie lieb“ zulässigMitarbeiter muss Beein­träch­ti­gungen seiner Glaubens­freiheit aufgrund Befolgung einer Arbeits­an­weisung nachvollziehbar darlegen können

Die außer­or­dentliche Kündigung eines Call-Center-Mitarbeiters, der die Kunden am Telefon mit den Worten „Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für Ihren Einkauf bei QVC und einen schönen Tag“ verabschiedet hat, ist gerechtfertigt. Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Hamm.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der mit 6 Stunden im Call-Center der Beklagten teilzeit­be­schäftigte Kläger sich arbeits­ver­trags­widrig verhalten, indem er trotz einer ausdrücklich erteilten Anweisung der Beklagten nicht habe darauf verzichten wollen, sich am Ende eines jeden Verkaufs­vorgangs von den Gespräch­s­partnern mit den Worten „Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für Ihren Einkauf bei QVC und einen schönen Tag“ zu verabschieden.

LAG weist auf Spannungsfeld zwischen Glaubens­freiheit und unter­neh­me­rischer Betäti­gungs­freiheit hin

Anders als das Arbeitsgericht Bochum war das Berufungs­gericht der Auffassung, die außer­or­dentliche Kündigung der Beklagten sei gerechtfertigt. Das Berufungs­gericht hat auf das Spannungsfeld zwischen Glaubens­freiheit und unter­neh­me­rischer Betäti­gungs­freiheit hingewiesen und die Grundsätze aufgezählt, die im Rahmen dieses Abwägungs­pro­zesses anzustellen seien.

Mitarbeiter muss belegen können, nicht ohne innere Not von Verhaltensregel absehen zu können

In tatsächlicher Hinsicht stellte das Gericht sodann fest, dass der tiefgläubige Kläger in nicht ausreichendem Maße hat darlegen können, warum er in innere Nöte gekommen wäre, hätte er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Beklagten darauf verzichtet, die ansonsten bei der Beklagten übliche Grußformel um die Worte „Jesus hat Sie lieb“ zu ergänzen. Nach Auffassung der Berufungskammer muss ein Arbeitnehmer, der sich darauf beruft, dass die Befolgung einer Arbeits­an­weisung ihn in seiner Glaubens­freiheit beeinträchtigt, nachvollziehbar darlegen, dass er ohne innere Not nicht von einer aus seiner Sicht zwingenden Verhaltensregel absehen könne. Für das Berufungs­gericht war in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass der Kläger der Beklagten anlässlich eines nachfolgenden Streit­ver­fahrens angeboten hatte, im Rahmen einer so genannten Prozess­be­schäf­tigung für die Beklagten tätig zu werden – und sich zugleich für diese Beschäftigung verpflichtet hatte, auf die Ergänzung der Grußformel zu verzichten.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online.

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