18.10.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil14.03.2013

Urlaub und Freistellung: Sofortige Freistellung des fristlos gekündigten Arbeitnehmers unter Anrechnung von Urlaubs­ansprüchen unzulässigKeine Erfüllung des Urlaubs­an­spruchs/Arbeitnehmer erhält Anspruch auf Urlaub­s­ab­geltung

Wird ein Arbeitnehmer fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt, darf der Arbeitgeber für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung den Arbeitnehmer nicht von seiner Arbeitspflicht unter Anrechnung noch offener Urlaubs­ansprüche freistellen. Damit erfüllt der Arbeitgeber nicht den Urlaubsanspruch. Der Arbeitnehmer erhält daher einen Anspruch auf Urlaub­s­ab­geltung. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeitsgerichts Hamm hervor.

Im zugrunde liegenden Fall wurde ein Arbeitnehmer im Mai 2011 fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Zudem wurde er "im Falle der Wirksamkeit der hilfsweise fristgemäßen Kündigung […] mit sofortiger Wirkung unter Anrechnung sämtlicher Urlaubs- und Überstun­de­n­ansprüche unwiderruflich von der Erbringung [der] Arbeitsleistung freigestellt". Im Rahmen eines Kündi­gungs­schutz­pro­zesses vereinbarten die Parteien eine Beendigung des Arbeits­ver­hält­nisses zum Juni 2011. Der Arbeitnehmer verlangte nunmehr die Abgeltung noch offener Urlaubs­ansprüche. Der Arbeitgeber verwies jedoch auf die Freistellung unter Anrechnung der Urlaubs­ansprüche und lehnte eine Abgeltung ab. Der Arbeitnehmer erhob daher Klage.

Arbeitsgericht wies Klage ab

Das Arbeitsgericht Dortmund wies die Klage ab. Dem Arbeitnehmer habe nämlich kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zugestanden, da ihm der zustehende Urlaub durch die Freistellung gewährt wurde. Die vorsorgliche Gewährung von Erholungsurlaub bei Ausspruch einer fristlosen Kündigung sei wirksam und erfülle den Urlaubsanspruch für den Fall, dass das Arbeits­ver­hältnis über den Zeitpunkt des Zugangs der sofortigen Kündigung hinaus fortbesteht. Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitnehmer Berufung ein.

Anspruch auf Urlaub­s­ab­geltung bestand

Das Landes­a­r­beits­gericht Hamm entschied zu Gunsten des Arbeitnehmers und hob das erstin­sta­nzliche Urteil auf. Denn die zum Zeitpunkt der außer­or­dent­lichen Kündigung im Mai 2011 noch offenen Urlaubs­ansprüche seien nach Auffassung des Gerichts durch die Freistel­lungs­er­klärung nicht erfüllt worden.

Zeitpunkt des Kündi­gungs­termins unter Berück­sich­tigung noch offener Urlaubstage

Das Landes­a­r­beits­gericht stützte sich bei seiner Entscheidung auf das Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts vom 09.01.1977 (6 AZR 647/77), wonach der fristlos kündigende Arbeitgeber die Abwicklung nicht erledigter Urlaubs­ansprüche des Arbeitnehmers rechtwirksam nur erreichen könne, wenn er den Kündi­gungs­termin entsprechend der noch offenen Urlaubsdauer hinausschiebt und in diesem zeitlichen Umfang Urlaub gewährt sowie den Arbeitslohn als Urlaubsentgelt zahlt. Dies habe der Arbeitgeber im vom Landes­a­r­beits­gericht zu entscheidenden Fall nicht getan.

Formulierung der Freistel­lungs­er­klärung ungewöhnlich

Zudem hielt das Landes­a­r­beits­gericht die Formulierung der Freistel­lungs­er­klärung für ungewöhnlich, weil der Arbeitgeber den Urlaub nicht für den Fall der Unwirksamkeit der außer­or­dent­lichen Kündigung gewährte, sondern auf die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten fristgemäßen Kündigung abgestellt hat. Es traf jedoch keine abschließende Entscheidung darüber, ob dies mit den Anforderungen, die an die Deutlichkeit von Erklärungen gestellt werden, vereinbar ist.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

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