24.11.2024
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Landesarbeitsgericht Hamm Urteil03.02.2011

Klassenfahrt keine Priva­tan­ge­le­genheit - Angestellter Lehrer hat Anspruch auf Reise­kos­te­n­er­stattungVerzichts­er­klärung wurde unter Verletzung der geschuldeten Fürsorgepflicht erwirkt

Ein Land kann sich nicht darauf berufen, einer Lehrerin für eine Klassenfahrt keine Reise­kos­te­n­er­stattung zu zahlen, weil diese in einem Formularantrag ausdrücklich auf Koste­n­er­stattung verzichtet hat. Dies gilt zumindest dann, wenn die Verzichts­er­klärung unter Verletzung der dem Bediensteten geschuldeten Fürsorgepflicht erwirkt worden und damit treuwidrig ist. Dies entschied das Landes­a­r­beits­gericht Hamm.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls unterrichtet an einer Gesamtschule im Kreis Warendorf und war im Schuljahr 2008/2009 Klassenlehrerin einer 10. Klasse. Im August 2007 beantragte sie für ihre Klasse die Genehmigung einer Studienfahrt nach Berlin im September 2008. In dem von ihr unter­schriebenen Antragsformular für eine Dienst­rei­se­ge­neh­migung erklärte sie formularmäßig den Verzicht auf die Zahlung von Reise­kos­ten­ver­gütung, da diese durch die für die Schule vorgesehenen Haushaltsmittel nicht mehr gedeckt waren.

Lehrerin hat nach Auffassung des Landes im Formularantrag ausdrücklich auf Reise­kos­te­n­er­stattung verzichtet

Insgesamt zahlte die Klägerin für die Fahrt, die Übernachtung und Verpflegung sowie den Besuch eines Musicals insgesamt 234,50 Euro, von denen sie von der Schule 28,45 Euro erstattet bekam. Der Differenzbetrag ist Gegenstand der Klage. Das beklagte Land hat im Wesentlichen eingewandt, die Klägerin habe keinen Anspruch, da sie in dem Formularantrag ausdrücklich auf Reisekostenerstattung verzichtet habe.

Arbeitsgericht weist Klage ab – Berufung vor dem Landes­a­r­beits­gericht erfolgreich

Das Arbeitsgericht Münster ist der Argumentation des Landes gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Diese hatte beim Landes­a­r­beits­gericht Hamm Erfolg. Sie hat das Land zur Zahlung der Reisekosten verurteilt und die Revision zum Bundes­a­r­beits­gericht zugelassen.

Verzichts­er­klärung führt zur Verletzung der Fürsorgepflicht und ist treuwidrig

Grundsätzlich hat die angestellte Lehrkraft im nordrhein-westfälischen Schuldienst bei Durchführung einer genehmigten Klassenfahrt Anspruch auf Erstattung ihrer Reisekosten nach dem Landes­rei­se­kos­ten­gesetz. Dieses sieht zwar die Möglichkeit vor, auf die Reisekosten schriftlich zu verzichten. Hierauf kann sich das beklagte Land aber dann nicht berufen, wenn die Verzichts­er­klärung unter Verletzung der dem Bediensteten geschuldeten Fürsorgepflicht erwirkt worden ist und damit treuwidrig ist. Dieser Fall liegt nach der Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts Hamm hier vor, weil die Genehmigung der Klassenfahrt nach der so genannten Wander­richtlinie des nordrhein-westfälischen Schul­mi­nis­teriums davon abhängig gemacht worden ist, dass die Lehrkraft zuvor schriftlich auf die Zahlung der Reisekosten verzichtet. Da Klassen­leh­re­rinnen und Klassenlehrer nach der allgemeinen Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer in besonderer Weise zur Teilnahme an den Fahrten ihrer Klasse angehalten sind, widerspricht es der arbeit­ge­ber­seitigen Fürsorgepflicht in besonderem Maße, wenn die Klassen­leh­re­rinnen und Klassenlehrer vor die Alternative gestellt werden, entweder auf die Reise­kos­te­n­ansprüche zu verzichten oder ihre Klasse im Stich zu lassen.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm/ra-online

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