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Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Urteil06.06.2016

Kein Schmerzens­geld­anspruch gegen Arbeitgeber bei Impfschaden aufgrund Grippe­schutz­impfung durch BetriebsarztKeine Verletzung von Pflichten aus Arbeitsvertrag oder Behand­lungs­vertrag

Erleidet ein Arbeitnehmer bei einer von einem Betriebsarzt vorgenommenen Grippe­schutz­impfung einen Impfschaden, haftet dafür nicht der Arbeitgeber. Dieser verletzt durch eine fehlende Aufklärung über die Impfrisiken weder seine arbeits­vertrag­lichen Pflichten, noch Pflichten aus dem Behand­lungs­vertrag. Dies hat das Landes­arbeits­gericht Baden-Württemberg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Anfang November 2011 unterzog sich eine Arbeitnehmerin, die in der Abteilung Controlling beschäftigt war, in der Mittagspause einer Grippeschutzimpfung am Arbeitsplatz. Zu der freiwilligen Impfung hatte die Betriebsärztin aufgerufen. Die Kosten für die Impfung übernahm die Arbeitgeberin. Die Arbeitnehmerin behauptete, dass sie nach der Impfung einen Impfschaden erlitten habe. Sie warf der Arbeitgeberin vor, dass sie nicht ausreichend über mögliche Folgeschäden der Impfung aufgeklärt habe. Die Arbeitnehmerin beanspruchte daher von der Arbeitgeberin Schmerzensgeld. Da sich diese weigerte den Schmer­zens­geldan­spruch anzuerkennen, erhob die Arbeitnehmerin Klage.

Arbeitsgericht wies Schmer­zens­geldklage ab

Das Arbeitsgericht Freiburg wies die Schmer­zens­geldklage ab. Die Arbeitgeberin habe weder ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch aus dem Behand­lungs­vertrag verletzt. Der Arbeitgeberin treffe aus dem Arbeits­ver­hältnis nicht die Pflicht zur Aufklärung über Impfrisiken. Der Behand­lungs­vertrag sei nicht mit der Arbeitgeberin, sondern mit der Betriebsärztin zustande gekommen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitnehmerin Berufung ein.

Landes­a­r­beits­gericht verneint ebenfalls Schmer­zens­geldan­spruch

Das Landes­a­r­beits­gericht Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies daher die Berufung der Arbeitnehmerin zurück. Ihr stehe kein Anspruch auf Schmerzensgeld gegen die Arbeitgeberin aufgrund des behaupteten Impfschadens zu.

Keine Aufklä­rungs­pflicht aus Arbeitsvertrag

Die Arbeitgeberin habe nach Ansicht des Landes­a­r­beits­ge­richts keine arbeits­ver­trag­lichen Pflichten verletzt. Denn die Vornahme von Impfungen gehöre weder zu den arbeits­ver­trag­lichen Pflichten der Arbeitsgeberin noch der Arbeitnehmerin. Der Arbeitgeberin haben daher keine Aufklä­rungs­pflichten bezüglich der Risiken der Grippe­schutz­impfung getroffen. Die zur allgemeinen Gesund­heits­vorsorge gehörende Grippe­schutz­impfung sei grundsätzlich Sache jedes einzelnen. Etwas anderes könne nur gelten, wenn aus besonderen Risiken des Arbeits­ver­hält­nisses heraus eine erhöhte Gefährdung des Arbeitnehmers für eine Ansteckung mit einer solchen Erkrankung bestehe und das Angebot einer Grippe­schutz­impfung daher zu den Pflichten des Arbeitgebers gehöre. So lag der Fall hier aber nicht.

Keine Verletzung des Behand­lungs­vertrags

Die Arbeitgeberin habe zudem nicht Pflichten aus dem Behand­lungs­vertrag verletzt, so das Landes­a­r­beits­gericht, da der Vertrag nicht mit ihr zustande gekommen sei. Vielmehr bestehe der Behand­lungs­vertrag zwischen der Betriebsärztin und der Arbeitnehmerin. Es sei zu beachten, dass die Betriebsärztin zur Grippe­schutz­impfung eingeladen hat. Es gehöre auch nicht zu den Aufgaben des Betriebsarztes nach § 3 des Arbeits­si­cher­heits­ge­setzes eine Grippe­schutz­impfung durchzuführen. Es sei daher davon auszugehen, dass der Betriebsarzt selbst Vertragspartner werde.

Keine Haftung für Impfschaden aufgrund Unterlassens oder Mittäterschaft

Eine Haftung der Arbeitgeberin lasse sich darüber hinaus nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts nicht aufgrund eines Unterlassens oder einer Mittäterschaft herleiten, weil die Arbeitgeberin die Impfung in ihrem Betrieb erst ermöglicht hat. Eine solche Haftung scheitere daran, dass die Durchführung einer solchen betrieblichen Impfung nicht rechtswidrig sei, sondern als Ganzes gesehen einen sinnvollen Beitrag zum Gesund­heits­schutz der Belegschaft und der Bevölkerung biete.

Revision vor dem Bundes­a­r­beits­gericht

Die Arbeitnehmerin hat gegen das Urteil des Landes­a­r­beits­ge­richts Revision beim Bundes­a­r­beits­gericht eingelegt.

Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, ra-online (vt/rb)

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