Die Klägerin im vorliegenden Fall machte Ansprüche gegenüber ihrer Bank auf Rückzahlung eines auf ein fremdes Konto überwiesenen Geldbetrages geltend. Die Klägerin behauptete, Opfer einer sogenannten Phishing - Attacke geworden zu sein, als sie an ihrem PC Überweisungen über das Onlinebanking habe vornehmen wollen.
Nach Eingabe ihrer PIN habe sich ein weiteres Fenster geöffnet, das äußerlich der Internetseite der Bank der Klägerin entsprochen habe und in welchem darauf hingewiesen worden sei, dass die Anmeldung fehlgeschlagen sei und sie vier noch unverbrauchte Transaktionsnummer (TAN) einzugeben habe. Dem sei die Klägerin nachgekommen. Am nächsten Tag wären vom Konto der Klägerin Überweisungen an ihr unbekannte Personen in einer Gesamthöhe von 14.500,00 EUR vorgenommen worden. Die Bank erklärte, dass die Klägerin einen Hinweis nicht beachtet habe, in welchem ausdrücklich vor Angriffen dieser Art gewarnt worden sei und betrachtete die Herausgabe von vier TAN Nummern als grob fahrlässige Handlung.
Das Kammergericht Berlin kam zu dem Schluss, dass die Klägerin gegenüber der Bank einen Anspruch auf Zahlung aus dem zwischen den Parteien bestehenden Girovertragsverhältnis habe. Die streitbefangenen Überweisungen seien ohne zurechenbare Anweisungserklärung der Klägerin erfolgt, in diesem Fall stehe der Bank kein Aufwendungsersatzanspruch nach §§ 675, 670 BGB zu, so dass das Konto der Klägerin zu Unrecht belastet worden sei und diese Belastung daher durch die Bank rückgängig gemacht werden müsse. Die von Dritten veranlassten Überweisungen könnten der Klägerin nach Auffassung des Gerichts nicht über die Regeln der Anscheinsvollmacht zugerechnet werden. Zwar würden diese Grundsätze Anwendung finden, wenn ein Kunde seine Zugangsdaten an einen Dritten weitergebe, jedoch müsse ein solcher Rechtsschein schuldhaft gesetzt worden sein, wovon dann nicht ausgegangen werden kann, wenn die Daten durch Ausspähen mittels bösartiger Software erlangt würden.
Die Klägerin habe jedoch ihre eigene Pflicht zur Geheimhaltung ihrer Zugangsdaten schuldhaft verletzt, indem sie der Aufforderung zur Eingabe von vier TAN-Nummern nachgekommen sei. Diese Pflicht beinhalte nicht nur die sichere Verwahrung von Notizen dieser Zugangsdaten, sondern auch eine angemessene Reaktion auf objektiv begründete Verdachtsmomente. Ignoriere der Bankkunde solche Anzeichen, liege darin eine Pflichtverletzung. Zumindest die Abfrage mehrerer TAN zu diesem Zwecke hätte als unüblich angesehen werden müssen. Die Klägerin selbst habe bestätigt, dass sie eine solche Aufforderung zur Legitimation auf der Internetseite der Beklagten bis dahin noch nie erhalten habe. Dass die gefälschte Internetseite, auf welche die Klägerin geleitet worden sei, die der tatsächlichen Internetseite der Bank täuschend ähnlich gesehen habe, stelle keinen ausreichenden Grund dar, die aufgezeigten Verdachtsmomente zu ignorieren. Von einem durchschnittlichen Nutzer könne erwartet werden, dass er zumindest eine allgemeine Kenntnis von den Gefahren durch Manipulationen von Banken - und Kundensoftware habe, so dass er bei Auftreten von konkreten Verdachtsmomenten auch dann angemessen reagiere.
Bei Abwägung der verschiedenen Verschuldensanteile der Parteien ergebe sich ein überwiegendes Mitverschulden der Bank, das mit 70 Prozent zu bewerten sei. Hierbei wäre insbesondere zu berücksichtigen, dass zum Zeitpunkt der schädigenden Handlung das von der Bank verwendete TAN-System als überholt anzusehen gewesen sei und der Missbrauch der erlangten TAN mit dem neueren iTan-System nicht möglich gewesen wäre.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.07.2012
Quelle: ra-online, Kammergericht Berlin (vt/st)