21.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Hessisches Landessozialgericht Urteil13.05.2011

Hessisches LSG: Hinterbliebene erhalten bei absoluter Fahrun­tüch­tigkeit des Versicherten keine UnfallrenteArbeitgeber muss Alkoholkonsum nicht unterbinden

Arbeitnehmer sind auf dem Weg nach und von dem Ort ihrer Arbeit­s­tä­tigkeit gesetzlich unfall­ver­sichert. Dieser Versi­che­rungs­schutz entfällt, wenn der Versicherte absolut fahruntüchtig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum während der Arbeit nicht verhindert hat. Dies entschied das Hessische Landes­so­zi­al­gericht.

Im zugrunde liegenden Fall verstarb ein 30-jähriger Vater von zwei Kindern im September 2007 auf der Heimfahrt nach seiner Arbeit in einer Eisengießerei. Der Mann aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg wurde 1 ½ Stunden nach dem Ende seiner Spätschicht tot im Straßengraben aufgefunden. Eine Blutprobe ergab eine Alkohol­kon­zen­tration von 2,2 Promille.

Berufs­ge­nos­sen­schaft verweist auf absolute Fahrun­tüch­tigkeit

Die Berufsgenossenschaft lehnte eine Entschädigung der Hinterbliebenen ab, weil die absolute Fahrun­tüch­tigkeit die allein wesentliche Unfallursache gewesen sei. Die klagende Ehefrau des Verstorbenen führte dagegen an, dass im Betrieb Alkoholkonsum während der Arbeit üblich und vom Arbeitgeber toleriert werde. Zudem hätten Vorgesetzte nicht nur mitgetrunken, sondern auch selbst Alkohol mit in die Firma gebracht.

Landes­so­zi­al­gericht: Arbeitgeber hat Fürsorgepflicht nicht verletzt

Die Richter des Hessischen Landes­so­zi­al­ge­richts und auch der Vorinstanzen gaben der Berufs­ge­nos­sen­schaft Recht. Die absolute Fahrun­tüch­tigkeit, die bereits bei einer Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von 1,1 Promille vorliege, sei die rechtlich allein wesentliche Ursache für den Unfall gewesen. Anhaltspunkte für andere Ursachen – wie z.B. Fahrzeugmängel, schlechte Straßen­ver­hältnisse, Verschulden Dritter oder Wildwechsel – lägen nicht vor. Der Unfall­ver­si­che­rungs­schutz sei auch nicht aufgrund einer etwaigen Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers erhalten geblieben. Denn Alkoholmissbrauch stelle eine eigen­ver­ant­wortliche Schädigung dar. Unterlasse es der Arbeitgeber, diesen während der Arbeitszeit zu unterbinden, führe dies allenfalls zu einer untergeordneten Mitverursachung. Eine maßgebliche Verletzung der Fürsorgepflicht käme nur dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Alkoholkonsum am Arbeitsplatz geduldet und keinerlei Schutz­vor­keh­rungen gegen das anschließende Benutzen eines Pkw im verkehrs­un­tüchtigen Zustand getroffen hätte. Mit dem erteilten Alkoholverbot, einer entsprechenden Betrie­bs­ver­ein­barung und dem Bereitstellen alkoholfreier Getränke habe der Arbeitgeber des Verstorbenen jedoch die gebotenen Schutzmaßnahmen ergriffen.

Wie bei Kenntnis des Arbeitgebers von einer Alkoholabhängigkeit des Arbeitnehmers zu entscheiden wäre, ließen die Richter dahinstehen, da hierfür im konkreten Fall keine Anhaltspunkte vorlägen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 8 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versi­che­rungs­schutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). (…)

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusam­men­hän­genden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, (…)

§ 63 Sozial­ge­setzbuch Siebtes Buch (SGB VII)

(1) Hinterbliebene haben Anspruch auf (…) Hinter­blie­be­nen­renten (…). Der Anspruch (…) besteht nur, wenn der Tod infolge eines Versi­che­rungsfalls eingetreten ist.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online

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