21.11.2024
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Sie sehen ein altes Ehepaar auf einer Parkbank.
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Sozialgericht Gießen Urteil16.10.2009

SG Gießen: Arbeitsunfall kann auch bei Autounfall unter Alkoholeinfluss vorliegenErhöhte Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration berechtigt Berufs­ge­nos­sen­schaft nicht zur Leistungs­ver­wei­gerung

Verunglückt ein Arbeitnehmer auf dem Heimweg von der Arbeit tödlich und ist dabei Alkohol im Spiel, kann dennoch ein Arbeitsunfall vorliegen. Die Berufs­ge­nos­sen­schaft ist dann zur Zahlung von Hinter­blie­be­nenrente verpflichtet. Dies entschied das Sozialgericht Gießen.

Im zugrunde liegenden Fall verweigerte die Berufs­ge­nos­sen­schaft einer Witwe und ihren beiden minderjährigen Kindern die Zahlung einer Hinter­blie­be­nenrente. Ihr Mann war auf dem Weg von der Arbeit nach Hause tödlich verunglückt. Er war mit seinem 10 Jahre alten 3er BMW, der keine technischen Mängel aufwies, aber über kein ESP (Elektronisches Stabi­li­täts­programm) verfügte, mit einem entge­gen­kom­menden Fahrzeug auf dessen Fahrspur bei trockener Fahrbahn und Tageslicht kollidiert. Er hatte zunächst mehrere Fahrzeuge überholt. Als er mit seinem Fahrzeug gerade auf der Höhe eines Wohnmobils war, bremste er nach Zeugenaussagen so stark ab, dass die Räder blockierten und er ins Schleudern geriet. Der Unfall ereignete sich ca. 200 m vor einer Verengung der Fahrbahn von zwei auf einen Fahrstreifen. Ein Sachver­ständiger errechnete eine Geschwindigkeit zwischen 108 und 126 km/h.

Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnt Zahlung von Hinter­blie­be­nenrente unter Hinweis auf Alkoholgenuss des Unfallopfers ab

Unfälle auf dem Weg zur Arbeit und dem Heimweg von der Arbeit sind zwar grundsätzlich als Arbeitsunfälle anzuerkennen, allerdings muss ein solcher Unfall auch der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sein und darf keine andere wesentliche Ursache haben. Eine solche andere Ursache sah die zuständige Berufs­ge­nos­sen­schaft in dem Alkoholgenuss des Unfallopfers und lehnte mit dieser Begründung eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab.

Alkoholgenuss müsste auch andere alkoholtypische Ausfa­l­l­er­schei­nungen zeigen

Die Richter des Sozialgerichts sahen dies anders und gaben der Klage statt.

Bei einer relativen Fahruntüchtigkeit mit einer Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration von unter 1,1 Promille könne der Alkoholgenuss zwar auch von überragender Bedeutung für den Unfall sein, es müssten dann aber alkoholtypische Ausfa­l­l­er­schei­nungen, wie zum Beispiel überhöhte Geschwindigkeit, Fahren in Schlangenlinien, Missachten von Verkehrszeichen und ähnliches festgestellt werden.

Alkohol als einzige Unfallursache nicht nachweisbar

Dass der Unfallfahrer hier zu schnell gefahren sei, reiche für sich nicht aus, da eine Geschwin­dig­keits­über­schreitung um bis zu 20 km/h vielfach auch bei nüchternen Fahrern beobachtet werden könne. Für die plötzliche Blockier­bremsung kämen hier ebenso andere Ursachen in Betracht wie z.B. die Verengung der Fahrbahn von zwei auf einen Fahrstreifen und ein mögliches Verschätzen der Überhol­mög­lichkeit. Da auch von dem Gericht als Zeugen vernommene Arbeitskollegen des Unfallopfers 10 bis 15 Minuten vor dem tödlichen Unfall keinerlei Auffälligkeiten bei ihm festgestellt hätten, könne nicht nachgewiesen werden, dass Alkohol die einzige oder überragende Ursache für den Unfall gewesen sei.

Quelle: ra-online, SG Gießen

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