21.11.2024
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Dokument-Nr. 30626

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Hessisches Landessozialgericht Urteil29.07.2021

Berufs­genossenschaft muss LWS-Erkrankung als Berufskrankheit anerkennenKombinations­belastung für Erreichen des Richtwertes maßgeblich

Berufs­krank­heiten sind ebenso wie Arbeitsunfälle Versi­che­rungsfälle der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Grundsätzlich sind die in der Berufs­krankheitenl­iste aufgeführten Krankheiten getrennt zu betrachten. Kann jedoch eine Krankheit durch verschiedene berufliche Einwirkungen verursacht werden, so können die Voraussetzungen für die Anerkennung von mehreren Berufs­krank­heiten erfüllt sein. Ist ein Versicherter sowohl Belastungen durch vertikale Ganz­körper­schwingungen als auch Belastungen durch die Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten ausgesetzt gewesen, so ist die Berechnung der Kombinations­belastung maßgeblich. Dies entschied das Hessischen Landes­sozial­gerichts.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein 1952 geborener Versicherter aus dem Landkreis Limburg-Weilburg leidet an einer Erkrankung der LWS. Der als Heimat­ver­triebener anerkannter Mann war in den Jahren 1975 bis 1991 LKW-Fahrer auf unebenen Landstraßen in Kasachstan tätig. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik arbeitete er als Gießereiwerker, Beton­fer­tig­teilbauer und Lagerarbeiter. Im Jahr 2008 schied er aus dem Berufsleben aus. Er bezieht eine Erwer­bs­min­de­rungsrente. Seinen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit lehnte die Berufs­ge­nos­sen­schaft ab. Ein Ursachen­zu­sam­menhang zwischen der berufsbedingten Belastung und seinem Wirbel­säu­len­schaden sei nicht hinreichend wahrscheinlich.

Eine Krankheit kann Voraussetzung für mehrerer Berufs­krank­heiten sein

Das Landes­so­zi­al­gericht gab dem Versicherten Recht und verurteilte die Berufs­ge­nos­sen­schaft zur Anerkennung der Berufs­krank­heiten Nr. 2108 und Nr. 2110. Zwar seien grundsätzlich die in der Berufs­krank­hei­tenliste aufgeführten Krankheiten getrennt zu betrachten, weil jede von ihnen einen eigenen Versi­che­rungsfall bilde. Ein bestimmtes Krankheitsbild könne jedoch - wie im Fall der bandschei­ben­be­dingten Erkrankung der LWS - durch verschiedene berufliche Einwirkungen verursacht werden. Insoweit bestehe bei entsprechender Exposition die Möglichkeit, dass eine Krankheit die Voraussetzungen mehrerer Berufs­krank­heiten gleichzeitig erfülle. Diese seien dann nebeneinander anzuerkennen, wobei eine einheitliche Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit (MdE) festzusetzen sei.

Kombi­na­ti­o­ns­be­lastung hier maßgeblich

Bei dem Versicherten liege eine bandschei­ben­be­dingte Erkrankung der unteren LWS vor. Diese sei hinreichend wahrscheinlich auf die physikalischen Einwirkungen während seines Berufslebens zurückzuführen, so dass die Berufs­krank­heiten Nr. 2108 und Nr. 2110 anzuerkennen seien. Es habe eine besonders intensive Belastung vorgelegen. Anhaltspunkt sei insoweit das Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren. Eine solche Belastung könne durch schweres Heben und Tragen von Lasten erfüllt werden, aber auch durch Ganzkör­per­schwin­gungen oder durch die Kombination dieser beiden Belastungsarten. Der Versicherte habe durch die Kombinationsbelastung den Richtwert für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren erfüllt. Die Tatsache, dass dem Präven­ti­o­ns­dienst der Berufs­ge­nos­sen­schaft für eine derartige Berechnung keine Software zur Verfügung stehe, hindere das Gericht nicht daran, die Berechnung anhand der ihm vorliegenden Daten selbst vorzunehmen.

Quelle: Hessisches Landessozialgericht, ra-online (pm/ab)

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