15.11.2024
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Dokument-Nr. 7739

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Urteil15.10.2008Hessisches Landesarbeitsgericht6 Sa 1025/07
Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Gießen, Urteil08.05.2007, 5 Ca 1/07
ergänzende Informationen

Hessisches Landesarbeitsgericht Urteil15.10.2008

Gehaltspfändung: Bewertung des Sachbezugs "Privatnutzung eines Firmenwagens"Auf Steuer­vor­schriften kann Bezug genommen werden

Bei der Berechnung des pfändbaren Arbeits­ein­kommens ist das in Geld gezahlte Einkommen mit dem geldwerten Vorteil der Privatnutzung des vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs zusam­men­zu­rechnen. Die Privatnutzung eines Firmenwagens stellt keinen unpfändbaren Bezug im Sinne von § 850 a ZPO dar. Dies hat das Hessische Landes­a­r­beits­gericht entschieden.

Hintergrund des Rechtsstreits war ein Streit um die Berück­sich­tigung des einem Mitarbeiter (Insol­venz­schuldner) arbeits­ver­traglich zustehenden Sachbezugs der Privatnutzung eines Firmenwagens. Nach dem Arbeitsvertrag hatte der Mitarbeiter einen Anspruch auf ein monatliches Nettogehalt von € 1.000,00 und die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung. Der Arbeitgeber errechnete auf der Grundlage dieser Nettovergütung das Bruttogehalt unter Einbeziehung des steuerlich zu berück­sich­ti­genden geldwerten Vorteils für die private Nutzung des Firmenwagens in Höhe von € 730,00. Tatsächlich ausgezahlt wurden an den Mitarbeiter lediglich € 1.000,00 netto im Monat. Gegenstand der Zahlungsklage war das pfändbare Arbeits­ein­kommen des Mitarbeiters, welches der für ihn eingesetzte Insol­venz­ver­walter geltend machte. Dieser hat den abgerechneten Nettoverdienst des Insol­venz­schuldners für 41 Monate ohne Abzug des Betrages für die private Nutzung des Firmen-Pkw von € 730,00 zur Grundlage der Berechnung des pfändbaren Arbeits­ein­kommens genommen. Hierbei errechnet sich bei dem ledigen und keiner Unter­halts­ver­pflichtung unterliegenden Insol­venz­schuldner eine Klageforderung von über € 14.000,00 nebst Zinsen. Der Arbeitgeber vertrat die Auffassung, die den Steuer­vor­schriften entsprechende fiktive Berechnung für die Privatnutzung des Wagens sei mit der durch die Überlassung verbundenen Naturalleistung nicht identische.

Richter: Geldwerter Vorteil aus der Privatnutzung eines Firmenwagens ist mit in Geld gezahltem Einkommen zusammen zu rechnen

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die gegen diese Entscheidung von der Beklagten eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Das Hessische Landes­a­r­beits­gericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass zur Berechnung des pfändbaren Arbeits­ein­kommens das in Geld gezahlte Einkommen mit dem geldwerten Vorteil der Privatnutzung des vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeugs zusam­men­zu­rechnen ist. § 850 e Ziffer 3 ZPO bestimme insoweit ausdrücklich, dass Geld- und Natura­l­leis­tungen zusam­men­zu­rechnen seien. Weiter bestimme die Vorschrift auch, dass der in Geld zahlbare Betrag insoweit pfändbar ist, als der nach § 850 c ZPO unpfändbare Teil des Gesam­t­ein­kommens durch den Wert der dem Schuldner verbleibenden Natura­l­leis­tungen gedeckt sei. Dies bedeute, dass der Wert der Naturalleistung voll berücksichtigt wird. Weiter bedeute dies auch, dass in Geld zahlbares Einkommen des Schuldners bei Zusammentreffen mit Natura­l­leis­tungen auch unterhalb der unpfändbaren Beträge liegen könne. Bei der Ermittlung der Pfändungsgrenze nach § 850 e ZPO sei der Wert der Natura­l­leis­tungen einzusetzen und auf den Teil zu verrechnen, der dem Schuldner verbleibe, denn durch den Erhalt der Naturalien sei ein Teil des Bedarfs bereits gedeckt. Typische Natura­l­leis­tungen seien freie Verpflegung, Unterkunft, Nutzung von Dienstwohnung und Firmenwagen.

Auf Steuer­vor­schriften kann Bezug genommen werden

Zur Ermittlung des Sachbezugs bei der Überlassung eines Firmenwagens zur Privatnutzung könne auf die Steuer­vor­schriften zur Ermittlung des geldwerten Vorteils zurückgegriffen werden. Soweit der Arbeitgeber gemeint habe, aufgrund einer verschwindend geringen Nutzung des Firmenfahrzeugs für private Zwecke des Insol­venz­schuldners sei dies anders zu bewerten, sei sein Vortrag unbeachtlich, weil unsubstantiiert. Es fehlten z. B. Angaben zu den dienstlich gefahrenen Kilometern im Verhältnis zu der Gesamt­ki­lo­me­ter­leistung des überlassenen Fahrzeugs.

Richter: Im Arbeits­ver­hältnis gewährte Sachbezüge werden regelmäßig zu dem in Geld zu zahlenden Arbeitsentgelt gewährt

Schließlich folgte das Berufungs­gericht auch nicht der Ansicht des Arbeitgebers, die Netto­lohn­ver­ein­barung beinhalte, dass ein zugesagter Sachbezug im Nettolohn enthalten sei und nur der Nettolohn abzüglich des Geldwertes des Sachbezugs dem Arbeitnehmer als in Geld auszuzahlendes Entgelt zustehe. Eine Netto­lohn­ver­ein­barung beziehe sich auf das in Geld zu zahlende Gehalt. Im Arbeits­ver­hältnis gewährte Sachbezüge werden regelmäßig zu dem in Geld zu zahlenden Arbeitsentgelt gewährt.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20.04.2009

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