18.10.2024
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Sie sehen ein Justizia-Figur und im Hintergrund einen Mann am Telefon.

Dokument-Nr. 20721

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Urteil21.02.2014Landesarbeitsgericht Hessen14 Sa 609/13
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NZA-RR 2014, 585Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht Rechtsprechungsreport (NZA-RR), Jahrgang: 2014, Seite: 585
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Vorinstanz:
  • Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Urteil23.04.2013, 4 Ca 9111/12
ergänzende Informationen

Landesarbeitsgericht Hessen Urteil21.02.2014

Sexuelle Belästigung der minderjährigen Nichte einer Arbeitskollegin über Facebook rechtfertigt fristlose Kündigung des ArbeitnehmersPrivates Verhalten des Arbeitnehmers beeinträchtigt Arbeits­ver­hältnis

Belästigt ein Arbeitnehmer über Facebook die minderjährige Nichte einer Arbeitskollegin sexuell, so rechtfertigt dies die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers. Zwar rechtfertigen Verfehlungen im Privatbereich nicht stets eine fristlose Kündigung. Etwas anderes gilt aber, wenn durch das private Verhalten des Arbeitnehmers das Arbeits­ver­hältnis beeinträchtigt wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Landes­arbeits­gerichts Hessen hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein 57jähriger Mann war als Hallenmeister für die Kulturhalle einer Stadt tätig. In der Halle wurden unter anderem Veranstaltungen von Schüler- und Kinder­gar­ten­gruppen aufgerührt. Im November 2012 chattete der Hallenmeister mit der 12jährigen Nichte einer Arbeitskollegin über Facebook. Dabei fielen gegenüber dem minderjährigen Mädchen folgende Äußerungen: "Was denken Mädels, wenn sie arschgefickt werden." und " […] nichts desto trotz freue ich mich über erotische Geschichten und bin mit meinem Hund entsprechend flexibel. Gib mir Feedback, als freundlich arschliebendes Wesen und so […]". Das Mädchen war über die Äußerungen schockiert und informierte ihre Tante. Aufgrund seiner Äußerungen wurde der Hallenmeister fristlos gekündigt. Dieser stritt ab, dass die Äußerungen von ihm kamen. Zudem hielt er die Angelegenheit für eine Bagatelle. Er legte daher Kündi­gungs­schutzklage ein.

Arbeitsgericht hält fristlose Kündigung aufgrund Verdachts der sexuellen Belästigung für wirksam

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Kündi­gungs­schutzklage zurück. Angesichts des Verdachts der sexuellen Belästigung gegenüber dem minderjährigen Kind sei die fristlose Kündigung wirksam gewesen. Die privaten Äußerungen haben einen betrieblichen Bezug aufgewiesen, da eine Arbeitskollegin die Tante des minderjährigen Kindes war und der Hallenmeister bei Ausübung seiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Kontakt hatte. Gegen diese Entscheidung legte der Hallenmeister Berufung ein.

Landes­a­r­beits­gericht bejaht ebenfalls Wirksamkeit der fristlosen Kündigung

Das Landes­a­r­beits­gericht Hessen bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Hallenmeisters zurück. Anders als das Arbeitsgericht sah das Landes­a­r­beits­gericht die sexuelle Belästigung für erwiesen an. Ein solches Verhalten stelle einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar.

Außer­be­trieb­liches Verhalten beeinträchtigte Arbeits­ver­hältnis

Zwar sei es richtig, so das Landes­a­r­beits­gericht, dass ein außer­be­trieb­liches Verhalten vorlag und ein solches Verhalten grundsätzlich nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden darf. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn das private Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt. Dies sei hier der Fall gewesen. Es sei zu beachten gewesen, dass das minderjährige Kind die Nichte einer Arbeitskollegin war. Diese habe sich geweigert, weiter mit dem Hallenmeister zusam­men­zu­a­r­beiten. Das Verhalten des Hallenmeisters habe sich deswegen negativ auf das betriebliche Miteinander ausgewirkt. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Hallenmeister Zugang zu den Umkleidekabinen der Kinder und Jugendlichen hatte.

Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses bis Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar

Nach Auffassung des Landes­a­r­beits­ge­richts sei eine Fortsetzung des Arbeits­ver­hält­nisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar gewesen. Die Abwägung der gegen­über­ste­henden Interessen sei zu Lasten des Hallenmeisters ausgegangen. Es sei zu beachten gewesen, dass für den Hallenmeister erkennbar war, dass sein Opfer minderjährig war. Es habe auch keine Bagatelle vorgelegen. Zu Ungunsten des Hallenmeisters habe außerdem der Umstand gesprochen, dass er kein Unrechts­be­wusstsein zeigte und sich nicht bei dem Mädchen entschuldigte. Vielmehr habe er zunächst geleugnet, die Äußerungen getätigt zu haben.

Quelle: Landesarbeitsgericht Hessen, ra-online (zt/NZA-RR 2014, 585/rb)

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