Landesarbeitsgericht Hessen Urteil21.02.2014
Sexuelle Belästigung der minderjährigen Nichte einer Arbeitskollegin über Facebook rechtfertigt fristlose Kündigung des ArbeitnehmersPrivates Verhalten des Arbeitnehmers beeinträchtigt Arbeitsverhältnis
Belästigt ein Arbeitnehmer über Facebook die minderjährige Nichte einer Arbeitskollegin sexuell, so rechtfertigt dies die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers. Zwar rechtfertigen Verfehlungen im Privatbereich nicht stets eine fristlose Kündigung. Etwas anderes gilt aber, wenn durch das private Verhalten des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis beeinträchtigt wird. Dies geht aus einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein 57jähriger Mann war als Hallenmeister für die Kulturhalle einer Stadt tätig. In der Halle wurden unter anderem Veranstaltungen von Schüler- und Kindergartengruppen aufgerührt. Im November 2012 chattete der Hallenmeister mit der 12jährigen Nichte einer Arbeitskollegin über Facebook. Dabei fielen gegenüber dem minderjährigen Mädchen folgende Äußerungen: "Was denken Mädels, wenn sie arschgefickt werden." und " […] nichts desto trotz freue ich mich über erotische Geschichten und bin mit meinem Hund entsprechend flexibel. Gib mir Feedback, als freundlich arschliebendes Wesen und so […]". Das Mädchen war über die Äußerungen schockiert und informierte ihre Tante. Aufgrund seiner Äußerungen wurde der Hallenmeister fristlos gekündigt. Dieser stritt ab, dass die Äußerungen von ihm kamen. Zudem hielt er die Angelegenheit für eine Bagatelle. Er legte daher Kündigungsschutzklage ein.
Arbeitsgericht hält fristlose Kündigung aufgrund Verdachts der sexuellen Belästigung für wirksam
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main wies die Kündigungsschutzklage zurück. Angesichts des Verdachts der sexuellen Belästigung gegenüber dem minderjährigen Kind sei die fristlose Kündigung wirksam gewesen. Die privaten Äußerungen haben einen betrieblichen Bezug aufgewiesen, da eine Arbeitskollegin die Tante des minderjährigen Kindes war und der Hallenmeister bei Ausübung seiner Arbeit mit Kindern und Jugendlichen Kontakt hatte. Gegen diese Entscheidung legte der Hallenmeister Berufung ein.
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Landesarbeitsgericht bejaht ebenfalls Wirksamkeit der fristlosen Kündigung
Das Landesarbeitsgericht Hessen bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies daher die Berufung des Hallenmeisters zurück. Anders als das Arbeitsgericht sah das Landesarbeitsgericht die sexuelle Belästigung für erwiesen an. Ein solches Verhalten stelle einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB dar.
Außerbetriebliches Verhalten beeinträchtigte Arbeitsverhältnis
Zwar sei es richtig, so das Landesarbeitsgericht, dass ein außerbetriebliches Verhalten vorlag und ein solches Verhalten grundsätzlich nicht als Kündigungsgrund herangezogen werden darf. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn das private Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt. Dies sei hier der Fall gewesen. Es sei zu beachten gewesen, dass das minderjährige Kind die Nichte einer Arbeitskollegin war. Diese habe sich geweigert, weiter mit dem Hallenmeister zusammenzuarbeiten. Das Verhalten des Hallenmeisters habe sich deswegen negativ auf das betriebliche Miteinander ausgewirkt. Ferner sei zu berücksichtigen gewesen, dass der Hallenmeister Zugang zu den Umkleidekabinen der Kinder und Jugendlichen hatte.
Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts sei eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar gewesen. Die Abwägung der gegenüberstehenden Interessen sei zu Lasten des Hallenmeisters ausgegangen. Es sei zu beachten gewesen, dass für den Hallenmeister erkennbar war, dass sein Opfer minderjährig war. Es habe auch keine Bagatelle vorgelegen. Zu Ungunsten des Hallenmeisters habe außerdem der Umstand gesprochen, dass er kein Unrechtsbewusstsein zeigte und sich nicht bei dem Mädchen entschuldigte. Vielmehr habe er zunächst geleugnet, die Äußerungen getätigt zu haben.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 06.03.2015
Quelle: Landesarbeitsgericht Hessen, ra-online (zt/NZA-RR 2014, 585/rb)