15.11.2024
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Dokument-Nr. 2766

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Hessischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss25.07.2006

Untersagung der privaten Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ist rechtmäßig

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat den Eilantrag des Betreibers eines privaten Wettbüros in Wiesbaden abgelehnt, mit dem dieser sich gegen eine von dem Ordnungsamt der Landes­hauptstadt Wiesbaden am 9. Juni 2006 erlassene Schlie­ßungs­ver­fügung gewandt hatte.

In dem Wettbüro des Antragstellers können Oddset-Sportwetten abgeschlossen werden, die von einem in Österreich ansässigen Unternehmen veranstaltet werden. Dem Recht­schutz­antrag war in erster Instanz durch das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden (Beschluss des VG Wiesbaden vom 22. Juni 2006, AZ 5 G 809/06(V)) stattgegeben worden.

Der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof hat zur Begründung des Beschlusses ausgeführt, die Vermittlung von Oddset-Sportwetten durch den Antragsteller erfülle den Straftatbestand des unerlaubten Bereitstellens von Einrichtungen für verbotenes Glücksspiel (§ 284 Abs. 1 StGB). Die Veranstaltung und die Vermittlung von Sportwetten seien, wie auch in allen anderen Bundesländern, ausschließlich staatlich konzes­si­o­nierten Anbietern vorbehalten. Das in Hessen durch das Gesetz über staatliche Sportwetten, Zahlenlotterien und Zusatzlotterien in Hessen (Spw/Lotto) normierte staatliche Sport­wet­ten­monopol sei zwar in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht mit der Berufsfreiheit des Sport­wet­ten­ver­mittlers nach Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe in einem Grundsatzurteil vom 28. März 2006 eine Verletzung dieses Grundrechts im Hinblick auf das Staatsmonopol für Sportwetten im Bayerischen Staats­lot­te­rie­gesetz angenommen, weil dieses Gesetz und seine tatsächliche Handhabung nicht konsequent auf Belange des Allgemeinwohls, nämlich auf die Bekämpfung der Wettsucht und die Suchtprävention sowie auf die Vermeidung von kriminellen Beglei­t­er­schei­nungen der Veranstaltung von Sportwetten, ausgerichtet seien. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht habe ungeachtet dessen festgestellt, dass die derzeitige Rechtslage für einen Überg­angs­zeitraum bis zum 31. Dezember 2007 anwendbar bleibe, in dem der Landes- bzw. Bundes­ge­setzgeber die rechtlichen Voraussetzungen für eine den grund­recht­lichen Anforderungen entsprechende Ausübung des Staatsmonopols schaffen müsse. In dieser Übergangszeit könnten die zuständigen Behörden die private Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unterbinden, sofern unverzüglich damit begonnen werde, das bestehende Wettmonopol konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der Wettlei­den­schaft auszurichten. Hierzu sei es insbesondere erforderlich, die Werbung für die staatlichen Oddset-Wetten auf eine bloße Aufklärung über Wettmög­lich­keiten zu beschränken und geeignete Maßnahmen zu Suchtprävention zu ergreifen.

Diese vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht für Bayern aufgestellten Grundsätze seien - so der Hessische Verwal­tungs­ge­richtshof - auf das hessische Sport­wet­ten­monopol zu übertragen. Da in Hessen nach Ergehen des Urteils des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts umgehend damit begonnen worden sei, die Werbemaßnahmen für die durch Hessen Lotto veranstalteten Oddset-Sportwetten zurückzufahren (Einstellung von Halbzeitwetten, Verzicht auf eine Livewette, Einstellung von Bandenwerbung in Fußballstadien), Schutzmaßnahmen für Spielteilnehmer einzuführen (z. B. Möglichkeit einer Selbstsperre) und Maßnahmen der Suchtprävention einzuleiten, könne durch die zuständigen Ordnungs­be­hörden die private Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten mit sofortiger Wirkung untersagt werden.

Diese Untersagung sei auch mit europäischem Gemein­schaftsrecht vereinbar. Zwar greife das staatliche Sport­wet­ten­monopol in seiner jetzigen Gestalt in unzulässiger Weise in die durch den EG-Vertrag gewährleistete Niederlassungs- und Dienst­leis­tungs­freiheit des ausländischen Anbieters ein. Das Gemein­schaftsrecht erlaube indessen in gleicher Weise wie das deutsche Verfas­sungsrecht eine Übergangsfrist, während der private Wettanbieter von der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ausgeschlossen werden könnten.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/06 des VGH Kassel vom 27.07.2006

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