Hanseatisches Oberlandesgericht in Hamburg Urteil18.01.2012
Hotelbewertung weiterhin erlaubt – Hotelbetreiberin unterliegt im Rechtsstreit mit HotelbewertungsportalAuch anonym abgegebene Meinungsäußerungen stehen unter dem Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat die Berufung einer Hotel- und Hostelbetreiberin zurückgewiesen, mit der diese erreichen wollte, dass ihr Hotel/Hostel nicht mehr in dem von der Beklagten betriebenen Hotelbewertungsportal bewertet werden darf.
Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt in Berlin unter einem Dach ein Hotel und ein Hostel. Die Beklagte vermittelt in ihrem Reiseportal im Internet Reisen und Hotelübernachtungen. Zugleich bietet sie Internetnutzern die Möglichkeit, in dem Bewertungsbereich des Portals Kommentare über Hotels und Reisen abzugeben und die Kommentare anderer Nutzer anzusehen. Auch über das Haus der Klägerin befanden sich Bewertungen im Portal der Beklagten. Hier berichteten Nutzer von zahlreichen Mängeln ihrer Unterkunft.
Hotelbesitzerin bemängelt ausreichende Inhaltskontrolle des Bewertungsportals
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe gegen die Beklagte hinsichtlich der Bewertung ihres Hauses ein Unterlassungsanspruch zu. Die Beklagte habe mit dem Portal einen virtuellen „Pranger“ geschaffen, an dem jedermann – unabhängig davon, ob er Gast im Hotel gewesen sei – völlig anonym und risikolos veröffentlichen könne, was er wolle, und zwar ohne dass eine ausreichende Inhaltskontrolle stattfinde.
Hotelbetreiberin kann Löschung abträglicher Bewertungen verlangen und wenn nötig auch gerichtlich durchsetzen lassen
Nachdem die Klage der Klägerin bereits vor dem Landgericht Hamburg abgewiesen worden war, hatte nun auch die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil keinen Erfolg. Das Hanseatische Oberlandesgericht entschied, dass die Abwägung der Interessen der Klägerin gegen jene der Beklagten, der Nutzer des Bewertungsportals sowie der an Hotelbewertungsportalen interessierten Öffentlichkeit ergebe, dass der Klägerin der geltend gemachte umfassende Unterlassungsanspruch nicht zustehe. Die Klägerin sei unzutreffenden und für ihren Hotelbetrieb abträglichen Bewertungen nicht schutzlos ausgeliefert, da sie deren Löschung verlangen und dies ggf. auch gerichtlich durchsetzen könne. Das von der Klägerin begehrte allgemeine Bewertungsverbot führe jedoch dazu, dass das von der Rechtsordnung anerkannte Betreiben einer Hotelbewertungsplattform unmöglich gemacht werden könnte. Das liege nicht im Interesse der Allgemeinheit, die ein schutzwürdiges Interesse an Information auch durch derartige Bewertungsportale besitze. An dem Ergebnis der Interessenabwägung ändere sich nichts dadurch, dass die Beklagte eine im Wesentlichen anonyme Bewertung zulasse. Denn auch anonym abgegebene Meinungsäußerungen stünden unter dem Schutz der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.01.2012
Quelle: Oberlandesgericht Hamburg/ra-online